26.07.2020 - "Den Lebenshunger stillen" - Predigt zu Johannes 6,30-35 am 7. Sonntag nach Trinitatis (Pfr. Fischer)
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus!
Wir hören das Predigtwort aus dem 6. Kapitel des Johannesevangeliums:
Da sprachen sie zu ihm: Was tust du für ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust du?
Unsre Väter haben in der Wüste das Manna gegessen, wie geschrieben steht (Psalm 78,24): „Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen.“
Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben. Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit solches Brot.
Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten."
Liebe Gemeinde,
Leistung und Gegenleistung - nach diesem Schema funktioniert unsere Welt.
Ich gebe, damit Du gibst. So ist das nun mal.
Dass das in der Wirtschaft so läuft, das ist ja klar.
Ich gebe Geld, ich gebe Waren, ich gebe Arbeitskraft und bekomme etwas dafür.
Dieses Prinzip greift aber weit über das Wirtschaftsleben hinaus.
Denken wir nur an die Schule: gute Noten für gute Leistung – schlechte Noten für schlechte Leistung.
Ja, gibt es überhaupt etwas umsonst? Ich tue mir schwer, das zu glauben.
Selbst wenn wir etwas scheinbar umsonst tun oder selbstlos, dann erwarten wir trotzdem etwas davon - zum Beispiel Anerkennung, vielleicht sogar Liebe, oder mindestens doch ein zufriedenes Gefühl, etwas Gutes getan zu haben.
Ich gebe, damit du gibst, denken wir an die Geschenkschlachten zu festlichen Anlässen: der hat mir letztes Jahr auch nichts geschenkt – warum sollte ich denn damit anfangen; oder: sein Geschenk war 30 Euro wert, also muss meines mindestens 30 Euro 50 kosten.
Auch wenn ich hier etwas karikiere – steckt nicht diese Frage: "Was habe ich eigentlich davon?" – letztendlich hinter allem was wir tun?
Kein Wunder also, dass die Leute schon damals Jesus fragten: „Was tust du für ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust du?“
Fordern sie zu Recht: Wenn wir schon an dich glauben sollen, dann muss das doch irgendwie was bringen, dann müssen wir davon was haben?
Und sie erinnern Jesus daran, dass doch auch ihre Vorfahren von ihrem Glauben handfeste Vorteile gehabt haben:
Als sie durch die Wüste zogen und Hunger hatten, ließ Gott das Manna vom Himmel regnen und sie wurden satt
Das hat doch tatsächlich was gebracht.
Und was bringst du uns, Jesus?
Liebe Gemeinde,
Jesus muss schon was Besonderes bieten, denn er steht keinesfalls ohne Konkurrenz da - ganz im Gegenteil!
Damals wie heute das gleiche Bild: Es gibt sehr viele, die uns Versprechungen und Hoffnungen machen.
Ob das nun Wunderheiler sind oder Astrologen, ob das ein Guru oder ein Sektenführer ist.
Damals wie heute dieselbe Frage: „Was tust du für ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben?“
Nun ist es ja so: Jesus hat ja tatsächlich solche Zeichen getan.
Kurz vor unserem Predigtabschnitt in Kapitel 6 erzählt Johannes die berühmte „Speisung der Fünftausend“.
Viele Leute waren zusammengekommen, um den berühmten Lehrer Jesus zu hören, es war aber kein Essen für sie da.
Das Geld der Jünger reichte gerade für fünf Brote und zwei Fische.
Und trotzdem kann Jesus alle satt machen.
Die Brote und Fische reichen für alle.
Da haben sie doch gesehen: Der kann was; von dem haben wir etwas.
Und auch von vielen anderen Wundern und Zeichen wird in den Evangelien berichtet - und davon, dass die Leute beeindruckt waren und ihm deshalb nachfolgt sind.
Doch Jesus wehrt sich gegen diese Art der Bewunderung.
Er will keinen Wunderglauben!
Er sagt seinen Jüngern auf den Kopf zu: „Ihr sucht mich, weil ihr von dem Brot gegessen habt und satt geworden seid“ - und dann ermahnt er sie: „Schafft euch Speise, die nicht vergänglich ist, sondern die bleibt zum ewigen Leben.“
Jesus hat diese oberflächliche Art der Nachfolge und Bewunderung immer ablehnt – und das ist auch gut so.
Denn das ist ein gefährliches Spiel - wenn ich an jemanden glaube und mich an ihn hänge, weil ich von ihm Vorteile erwarte, weil ich denke, dass er mir täglich den Tisch deckt, so dass ich mich satt essen kann.
Leistung und Gegenleistung.
Wollen wir das wirklich?
Was ist denn, wenn ich nichts mehr leisten kann?
Dann kriege ich auch nichts mehr.
Was ist denn, wenn mein Gegenüber nicht mehr kann oder nicht mehr will?
Dann muss ich mir jemanden anderes suchen, dem ich hinterherlaufe, weil er besser funktioniert.
Sind wir, liebe Gemeinde, nicht zu oft auch mittendrin in dieser Denke?
Nein?
Finden wir wirklich, dass wir ohne Erwartungen an Gott glauben?
Das ist schon einen Gedanken wert, finde ich:
Ich glaube an Gott, dafür bekomme ich ewiges Leben.
Ich bekenne meine Schuld, dafür sieht er dann großzügig darüber hinweg - oder so ähnlich.
Denken wir nicht auch manchmal so: Gott belohnt mich für fromme Leistungen und bestraft mich, wenn ich nicht gehorche?
Unser Leistungsprinzip verhindert zuweilen den Blick auf das Wesentliche:
Jesus sagt: mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben?
Damals reagierten die Menschen auf das Angebot völlig richtig: „Herr, gib uns allezeit solches Brot“.
Mach ein Ende mit unserem Hunger, mit unserem Hunger nach Leben, nach Glück, nach Unversehrtheit.
Und – wer von uns würde nicht auch immer gerne die Bezugsquelle für das Lebensbrot zur Verfügung haben?
Und das sehnsüchtige Herz antwortet durchaus verständlich: Herr, nimm mein Leben, nimm es ganz!
Alles geb ich dir für das echte Leben, geheiligt bis in alle Ewigkeit.
So weit so gut!
Das Problem ist nur: Wir können dieses Brot des Lebens nicht kaufen.
Wir können bei Gott wirklich überhaupt nichts erwerben.
Jesus ist kein Lebensbrothändler!
Er hat keinen Bauchladen, mit dem er durch die Welt zieht und gute Gaben verkauft.
Jesus aber sprach zu ihnen: „Ich bin das Brot des Lebens.
Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“
Das ist der entscheidende Satz: „Ich bin das Brot des Lebens“.
Jesus handelt nicht mit dem Brot des Lebens – er ist es!
Es steht nicht da, ich kann euch das Brot des Lebens verkaufen - oder vielleicht sogar verschenken.
Nicht: Ihr könnt was davon abhaben, sondern:
„Ich bin das Brot des Lebens“.
Wir haben es mit ihm selbst zu tun, wir brauchen den Bäcker, dann haben wir auch das Brot.
Es ist schon richtig: Wenn wir den Bäcker haben, wenn wir zum Bäcker kommen, dann haben wir auch etwas davon: „Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern.“
Jesus sprengt hier unsere gewohnte Vorstellung!
Ich geh mal zum Bäcker und kauf was Leckeres.
Nicht ab und zu mal hingehen können, um etwas zu essen zu kaufen.
Nicht ab und zu mal zu Gott, und dann wieder weg;
nicht ab und zu mal ein heiliges Pflästerchen auf meine geschundene Seele.
Jesus lädt uns ein, nicht nur den kleinen Hunger zwischendurch, sondern den großen Hunger zu stillen!
Gratis, aber nicht umsonst.
Brot des Lebens!
Wenn wir bei Gott sind und bleiben, wenn unser ganzes Leben von Jesus erfüllt und getragen ist, dann haben wir keinen Hunger mehr.
Das ist macht den Unterschied!
Unser Glaube darf keine Leistung sein!
das möchte ich hier ausdrücklich sagen:
Unser Glaube ist eine Folge, nicht eine Voraussetzung.
Erst kommt das Brot des Lebens – erst kommt Jesus, dann der Glaube!
Erst die Gabe – dann das Danke – ohne Bezahlung!
Ich sagte am Anfang: Leistung und Gegenleistung - nach diesem Schema funktioniert unsere Welt.
Daran wird sich auch morgen nichts ändern.
Nur das Brot des Lebens bekommen wir nicht nach diesem Schema.
Denn wir bekommen nicht einfach ein Produkt, das satt macht, sondern:
Wir bekommen Jesus selbst, wir bekommen Gott, der Mensch wurde.
Ich gebe zu, liebe Gemeinde, wenn wir sagen könnten:
In dem Ort soundso gibt es einen Laden, dort können wir das Brot des Lebens für eine bestimmte Gegenleistung kaufen und damit haben wir das ewige Leben - das wäre vielleicht einfacher.
Aber nur auf den ersten Blick.
Denn auf der anderen Seite wissen wir:
Es gibt einen Hunger, den man nicht dadurch stillen kann, dass man etwas kauft und in sich hineinstopft.
Es gibt einen Hunger nach Leben, nach Liebe, nach Hoffnung der ganz tief in uns drinsitzt.
Zeitweise schaffen wir selbst es, ihn zu betäuben, aber richtig stillen werden wir ihn nicht können.
Deshalb Jesus lädt Jesus uns ein: kommt zu mir mit eurem Hunger nach Leben!
Lasst euch von mir verwandeln, und euren Hunger stillen!
Ich bin für euch das Brot des Lebens - ohne Leistung und Gegenleistung.
Ich bin es, sagt Jesus – ich kann euren Hunger nach Leben und Liebe stillen.
Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten. Amen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Wochenspruch: Epheser 2,19
So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.
Gebet
Allmächtiger barmherziger Gott,
wir bedürfen dieser Stunde und deiner leisen Erinnerung, damit wir innewerden, dass du der Herr bist.
So oft wirst du uns fraglich, und es mangelt an so vielem Lebensnotwendigen.
Unser Glaube erlahmt, unsere Hoffnung erlischt, und wir verlieren die Freude am Weitergehen.
Darum lass in dieser Stunde deine leisen, uralten Wunder wieder ganz neu unter uns geschehen.
Wandle unser Murren in Dank, das Misstrauen in Vertrauen, die Verzagtheit in neuen Lebensmut.
Darum bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn, der mit dir im Heiligen Geist lebt und regieret, von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.