23.08.2020 - "Gelingendes Leben mit Christus" - Predigt zu Galater 2,16-21 am 11. Sonntag nach Trinitatis (Pfr. Fischer)

 Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Wir hören das Predigtwort für den heutigen Sonntag aus dem Brief des Paulus an die Gemeinden in Galatien im 2. Kapitel. Ich lese daraus die Verse 16-21:

(16) Weil wir wissen, dass der Mensch durch Werke des Gesetzes nicht gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus, sind auch wir zum Glauben an Christus gekommen, damit wir gerecht werden durch den Glauben an Christus und nicht durch Werke des Gesetzes; denn durch Werke des Gesetzes wird kein Mensch gerecht.
(17) Sollten wir aber, die wir durch Christus gerecht zu werden suchen, auch selbst als Sünder befunden werden – ist dann Christus ein Diener der Sünde?
Das sei ferne!
(18) Denn wenn ich das, was ich abgebrochen habe, wieder aufbaue, dann mache ich mich selbst zu einem Übertreter.

(19) Denn ich bin durchs Gesetz dem Gesetz gestorben, damit ich Gott lebe.
Ich bin mit Christus gekreuzigt.

(20) Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.
Denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dahingegeben.
(21) Ich werfe nicht weg die Gnade Gottes; denn wenn die Gerechtigkeit durch das Gesetz kommt, so ist Christus vergeblich gestorben.

 

Liebe Gemeinde,
1. Wie kann mein Leben gelingen?

Wie kann ich so leben, dass ich glücklich werde, dass ich meine Chancen erkenne und ergreife, dass ich nicht im Alter einmal sagen muss: du hast alles falsch gemacht! Du hast die Zeit vertan, du deine Möglichkeiten verpasst.

Diese Frage nach dem Sinn meines Lebens treibt jeden von uns wenigstens einmal um.

Und es gibt auch viele verschiedene Antworten darauf.

Eine heißt etwa: Du kriegst im Leben nichts geschenkt, also streng dich gefälligst an und schaff was.

Oder wenn wir uns vornehmen: Ich muss unbedingt so viel Kohle machen, dass ich mir mit 30 eine Weltreise leisten kann.

Oder wenn uns die Werbung einen Menschen zeigt, der voller Stolz sagen kann: Mein Haus, mein Auto, meine Yacht - und damit seinen alten Kumpel alt aussehen lässt, der da nicht mehr mithalten kann.

Unser Predigttext ist hier hochaktuell.

Denn es geht in ihr genau um diese Frage: Wie kann das Leben des Menschen gelingen?

Was ist der Sinn des Lebens?

Und was sagt Gott dazu?

Die Frage nach dem gelingenden Leben steht hinter allem, was in der Bibel unter dem Stichwort „Gesetz” verhandelt wird.

Damit sind nicht bloß die 10 Gebote gemeint.

Mit Gesetz ist der ganze große Zusammenhang gemeint, in dem der Mensch danach fragt: „Wie kann ich vor Gott gerecht leben?“ „Was muss ich alles richtig machen, damit Gott mich liebt?“

Das war ja auch die Frage Martin Luthers, die sein Gewissen schwer belastet hat.

Und er erkannte nach langem Ringen und nach langem Studium der Bibel:

Das Gesetz ist nicht dazu da, damit es Menschen klein macht und sie verdammt.

Das Gesetz soll ihnen vielmehr helfen, so zu leben, dass sie ihr Leben nicht vergeuden, dass sie ihr Leben nicht in lauter Sackgassen hineinleben.

Hinter dem Gesetz steht die Überzeugung, dass es Spielregeln für das Leben gibt, die uns vor Irrtümern bewahren.

Es gibt Spielregeln, die uns den Weg durchs Leben finden helfen - z. B. nicht stehlen, nicht lügen, nicht pausenlos arbeiten...

Und der Grundgedanke heißt: Wer sich an diese Spielregeln hält, der ist Gott recht und dessen Leben wird gelingen.

Wer sich nicht daran hält, der trennt sich von Gott und damit zugleich von dem Grund des Lebens - sein Leben wird nicht gelingen können.

Halten wir bitte das als Merkposten fest: Gelingendes Leben braucht nach christlicher Überzeugung die Verbindung zu Gott.

2. Die häufigste Antwort unserer Zeit heißt wohl: Gelungen ist das Leben dann, wenn du es selbst zu etwas gebracht hast, wenn du ohne wirtschaftliche Sorgen leben kannst, wenn du dir auch einmal etwas Gutes gönnen kannst und dabei nicht allzu sehr zum Unmenschen geworden bist.

Du musst zwar ein bisschen unmoralisch sein, um Erfolg zu haben, aber wer zu viele Leichen im Keller seines Lebens hat, kann auch im Luxusbett nicht mehr gut schlafen.

Aber das ist der Leitsatz unserer Gesellschaft: Gelungen ist das Leben dann, wenn du dir etwas leisten kannst, weil du auch ordentlich geleistet hast.

Das also ist gelungenes Leben: erfolgreich, anerkannt, beliebt, geachtet, zufrieden mit sich und seinen Lebensumständen.

Die Frage heißt dann: wie komme ich da hin? Was muss ich tun?

Die Antwort: Streng dich gefälligst an. „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.“

Der moderne Mensch ist sich selbst der Sinngeber.

„Jeder Mensch ist seines Glückes Schmied“, heißt es sprichwörtlich

Ich übersetze das: Wir sind ganz allein verantwortlich dafür, dass wir was aus unserem Leben machen.

Wenn wir einen Augenblick über diesen Satz nachdenken, dann merken wir: Da wird uns viel aufgebürdet, da ist dieser oft zitierte Leistungsdruck.

Wir müssen nicht nur für Schule und Beruf lernen und arbeiten.

Wir müssen nicht nur sehen, dass wir mit unserem Geld über die Runden kommen.

Wir – wir ganz allein – müssen unserem Leben einen Sinn geben – ganz ohne Hilfe: so die Überzeugung der meisten Menschen heutzutage.

Dieses Leistungsprinzip gibt es auch in der Religion:

Du bist dann ein guter Christ, wenn Du genug in der Bibel liest, genug betest, genug Gottesdienste besuchst, genug deinem Mitmenschen hilfst und so weiter.

Die Reformation hat diesen Leistungsdruck entlarvt.

Martin Luther wurde kein guter Christ, durch Kloster, Fasten, Wallfahrten oder großzügige Spenden.

Er fand Frieden mit Gott, indem er eigentlich nichts weiter tat als Gott zu suchen und sich von ihm finden zu lassen.

Allein auf Gott zu vertrauen – und sein Leben ganz Gott anzuvertrauen.

Vertraue Gott, vertraue Dich seiner Liebe an und das gute, gerechte Leben und Lieben kommt von selbst.

Das ist genau das Gegenteil unseres weltlichen Leistungsprinzips!

Das ist genau das Gegenteil der Weltformel „Gelingendes Leben = Leistung; keine Leistung = Versagen“.

Paulus sagt: Gelingendes Leben hängt einzig und allein davon ab, ob ich mit Gott verbunden bin;

hängt einzig und allein an Gottes Gnadesgaben, an dem, was mir Gott schenkt.

Wie ein kleines Kind seinen liebevollen Eltern bedingungslos – ohne Wenn und Aber – vertraut.

Gott ist gut zu mir.

Gott füllt mein Leben.

Ich bin sein geliebtes Kind.

In Christus hat sich Gott ein für allemal zu erkennen gegeben.

So ist Gott: „So sehr hat er die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“

Durch den Glauben an Jesus Christus bin ich Gott recht.

Durch den Glauben an Jesus Christus weiß ich, dass ich ein angesehener Mensch bin – denn Gott hat mich freundlich angesehen.

Durch den Glauben an Jesus Christus weiß ich, dass ich ein wichtiger Mensch bin - denn Gott sagt zu mir: Du bist mir wertvoll und wichtig.

Du bist mir so wichtig, dass ich mein Ein und Alles, meinen Sohn drangebe, damit ich dich für mich gewinne.

Durch den Glauben an Jesus Christus weiß ich, dass ich gebraucht werde.

Und erst jetzt – erst wenn ich mit vollem Herzen erkannt habe, wie sehr Gott an mir hängt; erst jetzt kann ich vom richtigen Tun der Liebe reden.

Erst jetzt kann ich von mir fordern: Geh hinaus und liebe Deinen Nächsten.

Sorge dafür, dass das Evangelium, die Frohe Botschaft von Gottes Liebe und Erlösung, um die Welt zieht; dass sich Frieden und Gerechtigkeit immer mehr ausbreiten;
dass die Armen und Randgruppen der Gesellschaft auch am gelingenden Leben teilhaben können, und und und.

Aber erst jetzt!

Erst, wenn ich gelernt habe, mein Leben loszulassen und Gott anzuvertrauen – erst dann wird mein Tun sinnvoll.

Das ist aber kein Leistungsprinzip; weil es ja nicht meine Leistung ist.

Was ich tue geschieht dann aus einem übervollen, dankbaren Herzen, weil es von Gott herkommt.

Die Motivation ist nicht mehr, dass ich meine Glückes Schmied sein muss, sondern dass mich die Liebe Gottes zu meinen Mitmenschen hintreibt.

Wenn ich mich nur auf meine eigene Leistung verlassen würde, dann wäre ich letztendlich wirklich verlassen.

Denn ich bleibe immer etwas schuldig.

Ich kann mich anstrengen, wie ich will, es wird nie genug sein.

Nicht einmal der Nobelpreis oder die Weltmeisterschaft, oder der Olympiasieg machen mich zu einem vollkommenen Menschen, machen mein Leben vollkommen sinnvoll.

Gott nimmt mir diesen Druck.

Er wandelt mein „ich muss“ in ein „ich will“ und „ich darf“.

Meine Motivation ist dann, dass Gott mich liebt.

Also hören wir auf, uns seine Liebe verdienen zu wollen! Hören wir auf, unser Leben auf eigene Faust zum „Erfolg” mach zu sollen.

Vertrauen wir stattdessen dem, was er uns durch Jesus Christus zeigen will: Du gehörst zu mir - ohne Wenn und Aber, und ich sorge dafür, dass dein Leben gelingt, wenn du dich mir anvertraust.

Darin liegt die wahre Freiheit!

Gott schenkt mir den tiefen Blick auf die die Fülle des Lebens, eines erlösten, sinnvollen, dankbaren und zufriedenen Lebens.

Nur im Vertrauen auf Gott wird unser Leben reich, erfüllt, bekommt ein tiefen ewigen Sinn.

Gelingendes Leben mit Christus! Amen.

Der Friede, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.