24.12.2020 - "Leb' deinen Traum!" - Predigt am Heiligabend zu Jesaja 9,1-6 (Pfr. Fischer)

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus.

Wir hören das Predigtwort aus dem Buch des Propheten Jesaja im 9. Kapitel:

Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.
Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude.
Vor dir wird man sich freuen, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt.
Denn du hast ihr drückendes Joch, die Jochstange auf ihren Schultern und den Stecken ihres Treibers zerbrochen wie am Tage Midians.
Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt.
Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter;
und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst;
auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich,
dass er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit.
Solches wird tun der Eifer des HERRN Zebaoth.

 

Liebe Gemeinde,

es gibt Träume, die sich heute Abend erfüllen:

das lang gewünschte Buch, der Ring auf dem Gabentisch, das Handy, der Computer … .

Oder wieder das seit langem erwartete verständnisvolle Wort.

An Weihnachten kommt manches wieder ins Lot.

Dazu bieten diese Tage die beste Gelegenheit.

Andere Wünsche und Träume bleiben aber auch heute Abend unerfüllt: Der Wunsch, gesund zu bleiben, die angeschlagene Gesundheit, die sich nicht bessern will.

Der Wunsch gesund zu bleiben.

Da ist die Leere nach dem Verlust eines lieben Menschen; die Sehnsucht nach den Menschen die heute fernbleiben müssen.

Viele wünschen auch den Menschen in der Welt ein Ende der Kriege des Terrors und der Verfolgung von Unschuldigen.

Es ist möglich, diesen Traum zu erfüllen, wenn nur in den Köpfen einiger Menschen etwas von der Botschaft des Weihnachtsfestes da wäre.

Übrigens auch, um dieses verdammte Virus zu besiegen.

Die Vernunft siegen lassen und zuhause bleiben, die Maske aufsetzen, auch wenn’s die Kommunikation erschwert, Abstand halten, auch wenn wir das Händeschütteln und die Umarmung vermissen.

Ich befürchte allerdings, dass dieser bleibt wohl vorerst unerfüllt bleibt.

Auch andere Weihnachtsträume können von Menschen nicht erfüllt werden. Viele Träume bleiben eben Träume!

Lassen wir uns doch heute Abend nicht von diesen unerfüllten Träumen gefangen nehmen!

Es gibt anderes, über das wir uns ehrlich freuen können.

Und das soll am Ende auch unsere Gedanken und Gefühle bestimmen und leiten.

Gott hat vor langer langer Zeit dem Propheten Jesaja einen wunderbaren Traum geschenkt.

Ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist, wie wir wissen;

in der Geburt des Kindes Jesus in der Heiligen Nacht.

Jesaja darf den herrlichen Traum träumen, dass der Friedefürst kommt und seine Gerechtigkeit aufrichtet.

„Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein

großes Licht...“ – heißt es gleich am Anfang.

Diese Worte gelten uns!

Sie gelten der gesamten Menschheit, die hin- und herschwankt zwischen Hoffnung und Verbitterung.

Nichts ist sicher auf dieser Welt.

Alles muss vergehen.

Das ist eine Erkenntnis, die uns so richtig Angst machen kann.

Wie viele Hoffnungen musste die Menschheit allein in diesem Jahrhundert schon begraben!

Und erst im letzten Jahrhundert!

Wie groß war und ist die Verbitterung bei denen, die unter den Tyrannen und Größenwahnsinnigen leiden mussten!

Soviel Leid, so große Wunden hinterlassen uns die Jahrhunderte!

Und auch so großes Vergessen!

Wie ein Nebel umhüllt uns das Vergessen – und wir werden, wenn wir vergessen, dazu verdammt sein, dieselben Fehler immer und immer wieder zu wiederholen.

Wie nötig haben wir es, dass uns das Licht in der Finsternis leuchtet!

Wann wird es endlich so sein, wie es Jesaja träumen durfte?

Wann wird endlich überall dauerhaft Frieden sein?

So fragen wir uns zu oft im Schattendasein unseres Alltags.

„...uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst…“

Es will einfach schwer in meinen Kopf:

Gerade in einem Kind kommt der Friede; hineingeboren in ärmste Verhältnisse.

Doch in diesem Kind zeigt uns Gott seine Liebe: Nur durch dieses Kind in Windeln in der Krippe wird die Welt gerettet und Frieden werden.

Gott geht nicht den Weg der Macht und Größe, den wir bestimmt wählen würden.

Gott geht den Weg der Schwachheit.

Er wird niedrig und gering“.

Er beugt sich so tief zu uns herab, wie es nur geht.

In dem Kind in der Krippe gibt sich Gott uns Menschen in die Hand.

Ganz und gar – bis Jesus zuletzt durch Menschenhand am Kreuz sterben muss.

Das ist freilich nicht leicht zu verstehen: wieso gerade so und nicht anders Friede sein soll.

Gott ein Kind, Gott ein Mensch!

Gott, der uns nicht mit drohender Faust entgegenkommt; sondern mit offenen Armen, mit der sanften Macht seiner Liebe, mit seinem Frieden, der so ganz anders ist.

Gottes Friede ist so ganz anders, ist so ganz besonders, weil er ein gelebter Frieden ist.

Jesus hat Gottes Frieden gelebt, hat sich sogar für ihn geopfert.

Er ist nicht auf dem Kanapee sitzen geblieben, hat nicht nur vom Frieden geredet, wie wir es gerne tun.

Friede ist Tat. Friede ist Bewegung.

Friede verlangt Hände, die helfend zupacken, und Füße, die für andere Menschen laufen.

Wenn wir nur den Frieden wollen, aber nicht tun wollen, schaffen wir’s nicht.

Wenn der Friede immer nur eine Absichtserklärung

bleibt, dann ist er nichts wert.

Jesus brachte uns Menschen den Frieden, weil er ihn gelebt hat.

Er hat uns Frieden vorgelebt: Erfüllt von der Liebe Gottes und von der Liebe zu den Menschen

Jesus will von uns deshalb mehr als Friedensabsichten und Friedensparolen:

Vielmehr will er, dass wir den Frieden tun.

Nicht allein, nicht durch uns selbst, sondern mit seiner Hilfe.

Seine Herrschaft der Liebe und des Friedens ist angebrochen.

Er will, dass wir aus seiner Kraft Leben.

Wir können nur die Liebe und den Frieden weitergeben, die wir vorher bekommen haben.

Wenn wir Gottes Frieden in uns tragen, dann werden wir wie von selbst zu Werkzeugen seines Friedens.

Dann wird unser Glaube größer als Absichten und Worte;

dann wird unser Glaube zur Tat:

Wir bekommen die Macht der ersten Schritte; wir wissen doch wie schwer das ist:

Den ersten Schritt auf den anderen zu, mit dem ich mich gestritten habe, vielleicht schon Jahre lang.

Den ersten Schritt, die Hand zum Frieden auszustrecken.

Den ersten Schritt zur Versöhnung, und endlich aufzuhören, sich gegenseitig die Fehler aufzurechnen.

Wir reißen Mauern der Angst, des Hasses, des Neides ab, die uns Menschen trennen.

Wir bauen Brücken, wo Gräben sind.

So wird mitten unter uns der Traum des Propheten Jesaja Wirklichkeit.

So scheint Licht über uns in der Finsternis.

Das Friedenslicht, das Gott in unsere Welt hineingestellt hat, kann alle Finsternis vertreiben.

Daran erinnert uns Gott an jedem Weihnachtsfest:

Hören wir bitte nicht auf vom Frieden zu träumen – denn wir brauchen, die Sehnsucht in unserem Herzen, damit wir uns aufmachen zum Kind in der Krippe.

Doch lasst uns bitte auch nie vergessen:

Gott hat es in unsere Hände gelegt, den Traum vom Frieden Wirklichkeit werden zu lassen.

Und das wichtigste zum Schluss:

Lassen wir uns dieses Weihnachten die frohe Zuversicht neu schenken:

Gottes Friede kann uns nicht mehr genommen werden.

Mit seinem Frieden haben wir alles, was wir uns wünschen und erträumen können.

Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.