06.01.2021 - "Mach dich auf und werde licht!" - Predigt am Epiphaniastag zu Jes 60,1-6 (Pfr. Fischer) inkl. Link zum Gottesdienststream

Gottesdienst anzusehen unter: https://www.youtube.com/watch?v=Z8JBp-sqK8Q

 

 

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

 

Liebe Gemeinde,

Trägheit ist nicht nur eine menschliche Eigenschaft.

Trägheit ist nicht nur eine Stimmung, in der ein Mensch sich befinden kann.

Trägheit ist auch ein Begriff aus der Physik.

Er bezeichnet den Widerstand, den man braucht um die Geschwindigkeit oder Richtung eines Körpers zu verändern.

Diese Unlust, sich verändern zu wollen, wird deshalb auch „Beharrungsvermögen“ genannt.

Und dann fiel mir beim Blick in den Spiegel noch der Begriff der „Trägen Masse“ ein.

Es ist sehr viel schwerer, einen ruhenden Gegenstand in Bewegung zu setzen, als ihn dann in Bewegung zu halten.

O ja, hab‘ ich mir gedacht, stimmt!

Der Weg zur Hundeleine ist schwerer als der Weg selbst.

Allerdings ist es dann auch schwer, eine Richtungsänderung herbeizuführen, wenn ein Körper schon einmal in Bewegung ist.

Das ist mir so in den Sinn gekommen, als ich den heutigen Predigtabschnitt.

Mit vielen eindrücklichen Bildern der Aufbruch beschworen.

Es kommt Bewegung in die Geschichte!

 

Wir hören unser Predigtwort aus dem Buch des Propheten Jesaja im 60. Kapitel:

1Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt,
            und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir!
2Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker;
            aber über dir geht auf der HERR, und seine
            Herrlichkeit erscheint über dir.
3Und die Völker werden zu deinem Lichte ziehen
            und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht.
4Hebe deine Augen auf und sieh umher:
            Diese alle sind versammelt, kommen zu dir.
Deine Söhne werden von ferne kommen
            und deine Töchter auf dem Arm hergetragen
            werden.
5Dann wirst du es sehen und vor Freude strahlen,
            und dein Herz wird erbeben und weit werden,
wenn sich die Schätze der Völker am Meer zu dir kehren
            und der Reichtum der Völker zu dir kommt.
6Denn die Menge der Kamele wird dich bedecken, die
            jungen Kamele aus Midian und Efa.
Sie werden aus Saba alle kommen,
            Gold und Weihrauch bringen
            und des Herrn Lob verkündigen.

 

Liebe Gemeinde,

Mache dich auf und werde licht!

Wie viel Überzeugungskraft braucht man, um eine Gruppe von Menschen dazu zu bringen, ihren Standpunkt zu ändern?

Wie viel Kraft braucht man, um andere zu veranlassen, althergebrachtes Gedankengut zu hinterfragen?

Wie viel Kraft brauche ich, um mich selbst zu betrachten und festzustellen, dass mich Betriebsblindheit befallen hat?
Wie viel Kraft brauche ich, gewohnte und oft bequeme Pfade zu verlassen und neue Wege zu gehen?

Neues?

Nur in Maßen, bitte!

Und nicht gleich und nicht so schnell und vor allem nicht in der alten Mutter Kirche.

Bewegungen, Veränderungen gar, werden nur in kleinen Happen verdaut.

Mache dich auf und werde licht!

Sicher - aber immer mit der Ruhe!

Covid19 war und ist für uns alle eine gewaltige Herausforderung!

Und als Pandemie eben auch für uns Kirchen – wir mussten und müssen uns bewegen.

Dunkelheit bedeckt das Erdreich - sagt Jesaja.

Es scheint, die Zeichen seiner Zeit sind nicht anders zu bewerten gewesen als unsere.

Vieles lag und liegt im Argen.

Zukunftsfragen sind oft mit einer gewissen Ängstlichkeit verbunden;
und gerade am Beginn des neuen Jahres – da, wo man sich gewöhnlich gute Vorsätze gibt und den eisernen Willen beschwört, vieles anders oder besser machen zu wollen – finden wir uns in der prekären Situation des zwischen Bangen und Hoffen Wartenden.

Wie wird es wohl werden?

Gibt es genug Impfstoff für alle?
Gibt es genug Vernunft und Einsicht bei allen, geduldig zu bleiben, weiter die Vorschriften zu beachten?

Und wie geht es dann nach der Pandemie weiter mit unserem Land, mit unserer Welt – wirtschaftlich, sozial?

Gibt es Arbeit für die Jungen?

Gibt es Versorgung im Alter?

Gibt es Wege aus der Klimakatastrophe?

Gibt es genug Nahrung für die immer größer werdende Weltbevölkerung?

Gibt es genug Mittel um all diese Probleme friedlich zu lösen?
Oder lösen persönliche oder nationale Interessen neue Konflikte oder Kriege aus?

Haben wir einen globalen Plan, ein gemeinsames Menschheitsziel?

Ich würde gerne die Zukunft feiern!

Das alte hinter sich lassen und mit einem prächtigen Feuerwerk in Luft aufgehen lassen.

Und dann mit Vollgas ins Morgen!

Ich denke, das Corona-Silvester war nur ein Vorgeschmack auf das, was wir an Entbehrungen noch erbringen müssen.

Freilich sind nicht alle Entbehrungen falsch – weniger ist oft mehr; Bescheidenheit eine Zier und Demut eine Tugend.

Aber ich muss hier vorsichtig sein, um nicht zynisch zu werden.

Denn nicht alle Entbehrungen sind heilsam.

Die tausenden und abertausenden Opfer, die an dieser Seuche leiden und sterben mussten und müssen.

Einfach unfassbar!

Unfassbar die Ohnmacht in den Heimen auf den Intensivstationen.

Unerträglich die Unvernunft mancher Zeitgenossen, die das Übel noch befeuert.

Dunkelheit bedeckt das Erdreich!

Aber der Herr geht auf über dir.

Schau dich doch einmal um.

Alle Welt kommt dir entgegen!

Schreibt Jesaja seinem Volk.

Die Menschen damals hofften auf Heimkehr in eine sichere Heimat.

Raus aus der Gefangenschaft.

Neubeginn!

Sie hofften als Volk, das Gott sich einst erwählt hat, nicht unterzugehen im Strudel der Zeit.

Sie hofften auf ein Leben in Frieden, in Gottes Frieden.

Alle Welt kommt dir entgegen, schreibt Jesaja und streicht Balsam auf die geschundenen Seelen seines Volkes.

Schau dich doch nur um!

Alle kommen und bringen ihre Gaben.

Mach dich also selbst auf und bewege dich.

Denn: Bewegung ist Leben!

Heutzutage ist die Menschheit gottloser geworden;
damit ist ihre Hoffnung gottloser geworden und auch die Möglichkeiten, Probleme zu lösen.

Und doch sehnen sich die Menschen nach Licht am Ende des Tunnels, dem überirdischen Licht, das alles diesseitige Dunkel überstrahlt;

Ein Licht, ewig scheinend, jung und frisch und gesund.

Ein Blatt im Windhauch der Ewigkeit, das nie verwelkt!

Wir hören Jesajas Weckruf heute am Epiphaniastag.

„Erscheinung“ heißt das.

„Über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir!“

Hören wir Jesajas Weckruf.

Das Weihnachtsfest liegt hinter uns.

Gott erscheint mitten in der Welt,
in der Geburt des Kindes Jesus in Bethlehem.

Gott wird Mensch!

Heute denken wir daran, dass diese Geschichte.

Da machen sich Menschen aus einem fernen Land auf, die einer Himmelerscheinung gefolgt sind.

Diese drei Weisen, Gelehrte, Sterndeuter, haben sich aufgemacht, weil sie die Zeichen der Zeit gedeutet haben: Als ihr persönliches Aufbruchssignal!

Gottes Licht am Himmel hat sie in Bewegung versetzt.

Sie waren in der Lage zu sehen, was es zu sehen gab, und richtig zu deuten, was andere zwar gesehen, aber nicht verstanden haben.

Sie machten sich auf und haben alles hinter sich gelassen, was ihnen bis dahin wichtig war.

Vielleicht sogar ihren Ruf als angesehene Gelehrte!

Wer weiß!

Welche Menschen, Beziehungen, Lieben werden sie zurückgelassen haben?

Wie viel Hindernisse müssen diese drei überwunden haben, bevor sie am Ziel ihrer Vorstellungen ankamen?

Und wie ist ihr Leben weitergegangen, nachdem sie heimlich Bethlehem verlassen haben?

Ich bin sicher, das Strahlen, das alles verändernde Licht hat sie noch weiter begleitet?

Aber da sind wir ihnen ja ähnlich!

Wir kommen ja genauso aus Bethlehem, wie sie damals.

Wir sind dankbar, dass Weihnachten stattfinden konnte, in den Kirchen, im Freien und in der Stube zuhause.

Jetzt ist das Fest der Feste am Abklingen und bald wird uns der Alltag wieder so richtig im Griff haben – und das auch noch lange unter Pandemiebedingungen.

Wir brauchen Energie fürs nächste Jahr; das Licht Gottes bei uns und in uns!

„Mache dich auf und werde licht!“, ruft uns der Prophet Jesaja zu.

Stell Dich ins Licht Gottes und lass dich durchdringen.

Suche Gottes Nähe, vielleicht im Lesen der Bibel, im Gebet, im Gespräch mit anderen Christinnen und Christen.

Und dann werde hell, vielleicht sogar eine Leuchte für andere!

Wir brauchen diese Energie nicht selbst zu erzeugen.

Gott füllt uns mit seiner Kraft.

Wir müssen uns nur aufraffen, den ersten Schritt wagen, die Hände falten und sprechen: Herr hilf!

Mach dich auf und werde licht!

Raffe dich auf und schau dich um!

Was gibt es nach dem Weihnachtsfest alles zu sehen!

Wofür ich alles dankbar sein kann.

Der Blick nach vorne!

Gott der Herr geht über allen auf und vertreibt die Dunkelheit.

Fragt mich nicht, wie er das macht!

Aber eins steht für mich fest: er schafft‘s.

Wo Gott einzieht, da kommt Leben in die Bude.

„Schau dich doch um, er kommt dir doch entgegen“, schreibt Jesaja.

Und er weiß von der unglaublichen Freude, die sich breit macht bei denen, die sich aufgemacht haben.

Doch! Schau dich um!

Es gibt Menschen, die alte Bahnen verlassen können.

Es gibt Menschen, die auch ungefragt in harte, andere Lebensumstände gestellt werden und spüren, wie stark sie werden, durch dieses neue Leben.

Trotz Krankheit und nahem Tod kann mir einer sagen: Schau dich um.

Lebe jetzt – mit der Quelle des Lebens!

Gott schenkt neue Lebenskraft, neuen Lebensmut!

Damals in Bethlehem und auch heute noch!

Er will unsere trägen Massen in Schwung bringen.

Im Lichte Gottes werden wir selber zum Licht und bringen andere zum Strahlen.

Also: Mache dich auf und werde licht. Amen.

 

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.