25.07.2021 - "Seid das Salz der Erde!" - Predigt zu Matthäus 5,13 am 8. Sonntag nach Trinitatis (Pfr. Fischer)

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus.

 

Wir hören das Predigtwort aus dem Matthäusevangelium im 5. Kapitel:

(13) Ihr seid das Salz der Erde.
Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen?
Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten.

Liebe Gemeinde!

In Regensburg steht eine ganz alte, große Waage aus Holz.

Die Größe der Waage täuscht einem zunächst vor, man könne nur sehr große und schwere Lasten wiegen.

Aber ganz im Gegenteil: Es handelt sich um eine Salzwaage, die so genau wie eine Apothekerwaage sein musste.

Es genügt eine leere Zündholzschachtel um die Waage aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Salz war im Mittelalter äußerst kostbar.

Die Wichtigkeit des Salzes hat auch Jesus im Blick, wenn er zu seinen Jüngern sagt: Ihr seid das Salz der Erde.

Was meint er damit?

Er spricht den Jüngern damit ein neues Sein zu, eine neue Identität.

Und damit haben die Jünger für die Welt eine große Bedeutung.

Ihre neue Identität haben sie dabei nicht aus eigener Kraft und eigenem Bemühen, sondern sie ist von Jesus selbst geschenkt worden.

Nur in der Verbundenheit mit ihm haben sie die Kraft zu salzen.

Wie ist das mit uns heute, als den Nachfolgern der Jünger Jesu?

Entsprechen wir dem auch?

Weil es so wichtig ist, sage ich es auch ausdrücklich:

Ihr seid das Salz der Erde!

Damit sind wir gemeint in der Nachfolge Jesu.

Auch uns ist eine neue Identität geschenkt worden in der Taufe.

Und wir haben eine große Bedeutung für diese Welt.

Wir sind das Salz der Erde.

Was das heißt, will ich in fünf Punkten mehr oder weniger ausführlich oder vollständig bedenken:

 

1. Salz macht die Speisen genießbar und schmackhaft; Salz ist die erste und eigentliche Würze.

Ich denke das versteht sich von selbst.

Wenn sie’s mir nicht glauben, dann lassen Sie nachher bei den Klößen einfach mal das Salz weg.

Auf uns übertragen heißt das:
Wir Christen machen das Leben in der Welt erträglicher.

Zwei Beispiele dazu:

Zum einen: Wie viel Streit und Hass und Zwietracht gibt es unter uns!

Und Wie viel Krieg und blutige Auseinandersetzungen gibt es in unserer Welt.

Wie leiden wir darunter und die vielen anderen Menschen, die davon betroffen sind.

Streit und Hass und Gewalt lassen sich aber nicht mit neuem Hass und noch größerer Gewalt überwinden.

Das wird seit Generationen erschreckend deutlich am Verhältnis zwischen Israelis und Palästinensern.

Terroranschläge werden mit Militärschlägen, Militärschläge mit neuem Terror beantwortet, die Spirale der Gewalt wird immer größer und betrifft immer mehr Menschen – ein Ende ist nicht in Sicht.

Was allein Hass und Gewalt überwinden kann, ist der Weg, den Jesus uns gezeigt hat und den er selbst gegangen ist: den Weg der Versöhnung und der Liebe.

Das können wir als seine Jünger durch unser eigenes Leben und Handeln bezeugen, indem auch wir Versöhnung und Liebe leben.

Zum anderen: Menschen bemühen sich, möglichst viel zu arbeiten und zu schaffen, um das Leben genießen zu können: Haus, Auto, Urlaub, Konsum.

Die Frage nach dem Sinn des Lebens wird in dem zu erreichen versucht, was man selbst erreichen kann – meist im Aufbau einer materiellen Existenz.

Wenn das mit Konkurrenz- und Leistungsdruck verbunden ist, kippt das System und entwickelt seine zerstörerische Kraft: Stress, Hektik, Neid, die Angst zu kurz zu kommen und das Leben zu verfehlen.

Die Frage muss immer wieder gestellt werden, ob das „Höher – Schneller - Weiter“ die erhoffte Freude und Erfüllung bringen können?

Für kurze Zeit, vielleicht. Aber die Ansprüche wachsen.

Man möchte noch mehr haben, und das bringt noch mehr Stress, usw.

Und wenn es sich nicht mehr steigern lässt, wächst die Unzufriedenheit...

Demgegenüber können wir als Christen durch unser Leben bezeugen: Die Welt mit ihrem Anspruch an uns ist nicht das Letzte und Wichtigste.

Rechte Freude und Erfüllung ist auf diesem Weg nicht zu finden.

Es ist die Verbundenheit mit unserem Herrn, die die nötige Distanz zu all diesen irdischen und vergänglichen Dingen schenkt und die uns erst rechte Freiheit und bleibende Freude und Erfüllung bringt.

 

2. Das Salz hält den chemischen Haushalt des menschlichen Körpers in Ordnung.

Nur so ist Leben überhaupt möglich.

Bei Hitze und großer Anstrengung verliert unser Körper mit dem Wasser auch wichtige Mineralsalze.

Wenn wir die nicht wieder zuführen, dann bricht irgendwann unser Kreislauf zusammen.

Und damit verbinde ich gleich den 3. Punkt:

3. Salz dient auch zur Konservierung von Lebensmitteln, besonders von Fleisch und Wurstwaren.

Früher, als es noch keine Tiefkühltruhen gab, wurde das im Winter geschlachtete Fleisch in Salz eingelegt, damit es über längere Zeit gehalten werden konnte.

Auf uns übertragen heißt das: Durch unser Leben wirken wir als Christen welterhaltend und weltbewahrend.

Unsere Gesellschaft ist vielfach gekennzeichnet durch einen Verfall der Werte.

An ihre Stelle ist Lieblosigkeit, Maßlosigkeit und Gottlosigkeit getreten.

Sie bestimmen das menschliche Zusammenleben, den Umgang miteinander und mit der Natur und der Schöpfung insgesamt.

Sie führen nicht nur zum sittlichen Verfall der Gesellschaft, sondern und wirken insgesamt zersetzend und zerstörend.

Und aus unserer eigenen deutschen Geschichte wissen wir:

Je gottloser eine Gesellschaft ist, umso unmenschlicher ist sie.

Demgegenüber vertreten wir als Christen positive also lebensbejahende Werte:

Für Jesus hießen die beiden höchsten: Liebe zu Gott und Liebe zu den Mitmenschen.

Daraus leiten sich dann andere Werte ab, wie Ehe, Familie, Freundschaft, Gemeinschaft, Rücksichtnahme, Versöhnung, Verantwortung im Umgang miteinander und mit der Natur.

Wir treten mit unserer Fürbitte bei Gott für die Erhaltung der dieser Werte und für die Welt ein.

Wir wehren uns dadurch gegen den Verfall der Gesellschaft und wirken erhaltend und bewahrend, - konservierend.

Damit nehmen wir am Wirken Gottes Teil, den wir als Schöpfer und Erhalter dieser Welt bekennen.

4. Salz ist ein unscheinbares, weißes Pulver, aber es hat eine durchdringende Wirkung.

Wer, der es nicht kennt, würde ihm eine solche Kraft und Wirkung zutrauen?

Für das Würzen der Speisen reicht schon eine kleine Menge dieses Pulvers.

Dabei geht es ganz in der Speise auf.

Für uns Christen heißt das: wir sind in der Regel keine herausragenden, großen, auffälligen Menschen, keine Helden und Supermenschen.

Wir sind keine Alleskönner.

Jesu Jünger waren auch eher unscheinbar, unauffällig, bescheiden: einfache Leute, Handwerker, nicht besonders beeindruckend und hinreißend.

Und es war eine kleine Minderheit, zunächst nur zwölf.

Und dennoch: Die Botschaft Jesu Christi hat seither die Welt durchdrungen, und sie durchdringt sie immer noch.

Manche Kritiker sagen: leider so sehr, dass man die christlichen Werte als solche gar nicht mehr wahrnimmt.

Was es alles bewirkt hat, wird als selbstverständlich hingenommen, ohne dass man sich darüber Gedanken macht, wem das zu verdanken ist.

Doch unsere gesamte Kultur und Zivilisation wäre ohne das Christentum nicht denkbar.

Ich nenne hier nur die allgemeine Schulbildung, die unmittelbar in der Reformation wurzelt, dann die ganze soziale Fürsorge, die in ihrem Wesen nichts anderes als eine Verwirklichung der Nächstenliebe ist und schließlich unser gesamtes Rechtswesen, dessen Grundwerte in Gottes Geboten gründen.

5. Jesus spricht aber auch die Gefährdungen an, die mit unserem neuen Sein als Salz der Erde verbunden sein können.

Salz ist keine Speise für sich.

Allein ist es nicht genießbar.

Seine rechte Wirkung entfaltet es erst in den Speisen.

Was bedeutet das im Blick auf die Christen?

Leider genieren sich Viele, über ihren Glauben zu sprechen.

Sie möchten nicht unangenehm auffallen.

Sie befürchten, verspottet und ausgegrenzt zu werden.

Glauben ist leider zu oft Privatsache.

Dann aber geschieht dieses: das Salz verliert seine durchdringende Kraft und Wirkung und wird nutzlos.

Und tatsächlich hat das Christentum hat in der westlichen Gesellschaft seine prägende Kraft und seinen bestimmenden Einfluss verloren.

Gerade aus diesem Grund werden wir auf unsere neue Identität neu angesprochen.

Es wird uns in Erinnerung gerufen, wer wir sind und was das für uns und für die Welt, in der wir leben, bedeutet.

Die Welt braucht uns und unser Leben als Salz der Erde.

Wir haben die Werte für diese Welt und diese Gesellschaft!

Treten wir also als Salz der Erde in Erscheinung.

Haben wir den Mut, Gottes Welt auch den nötigen Geschmack zu verleihen.

Haben wir den Mut, unsere Überzeugungen auch energisch und zugleich liebevoll und einladende zu vertreten.

Es ist gar nicht so schwer.

Wir müssen nicht unbedingt Neues erfinden oder anregen.

Eigentlich brauchen wir nur unser Innerstes nach außen kehren und versuchen, glaubhafter zu leben; denjenigen mit unserem Leben zu bekennen, der uns liebt und zum Guten verändern will.

Lassen wir uns von Jesus in die Hand nehmen, damit er uns ausstreuen kann als Salz der Erde. Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.