25.12.2022 - "Von den verborgenen Schätze der Weisheit" - Predigt am 1. Weihnachtstag zu Kolosser 2,3-10 (Pfr. Stefan Fischer)

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Wir hören das Predigtwort aus dem Kolosserbrief in 2. Kapitel:

3 In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis.
8 Seht zu, dass euch niemand einfange durch Philosophie und leeren Trug, gegründet auf die Lehre von Menschen und auf die Mächte der Welt und nicht auf Christus.
9 Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig,
10 und an dieser Fülle habt ihr teil in ihm, der das Haupt aller Mächte und Gewalten ist.

 

Liebe Gemeinde!

Vielleicht sind Sie enttäuscht, dass dieser Bibelabschnitt der Predigttext am 1. Weihnachtstag ist.

In ihm fehlt ja alles, was wir mit Weihnachten verbinden, vor allem das Kind in der Krippe.

Wir feiern doch an Weihnachten die Geburt Jesu.

Es ist das Bild von dem Säugling in der Futterkrippe, neben der Maria und Josef stehen, das bis heute das Herz vieler Menschen anrührt.

Dieses Bild drückt für sie ihre Sehnsucht aus nach ein wenig Liebe, nach ein wenig Friede und nach ein wenig Geborgenheit, die wir im täglichen Leben oft schmerzlich vermissen.

Deshalb bemühen wir uns an Weihnachten, dass diese Sehnsucht während der Feiertage oder zumindest für einige Stunden an ihnen zur Realität wird.

Wir sind in unseren Familien auf Harmonie bedacht und wollen auch sonst möglichst Streit vermeiden.

Es ist schön, wenn uns das wenigstens an einigen Stunden des Jahres gelingt.

Wir wissen freilich, dass spätestens nach den Feiertagen alles wieder so sein wird, wie es zuvor war.

Aber das Jesuskind in der Krippe will nicht nur ein Bild für unsere Sehnsucht nach ein wenig Liebe, ein wenig Friede und ein wenig Geborgenheit sein.

Das macht unser Bibelabschnitt deutlich, obwohl er recht unweihnachtlich klingt.

Das Jesuskind in der Krippe war ja ein besonderes Kind.

Das sah man ihm freilich nicht an.

Jesus war ein Säugling wie jeder andere.

Er musste von seiner Mutter Maria gestillt werden und er machte in die Windeln.

Er schrie, wenn er Hunger hatte. Jesus war als Baby wohl auch schwerlich süßer als andere Säuglinge.

Die meisten Eltern finden ja ihr Baby süß.

Jesus war ein Menschenkind wie andere und trotzdem war er etwas Besonderes, denn auch für das Jesuskind gelten die Worte unseres Predigttextes: In ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig.

Mit diesem Kind ist Gott in unsere Welt gekommen und Mensch geworden.

Das feiern wir an Weihnachten.
Gott und Mensch, das passt freilich nicht gleich zusammen.

Wer überzeugt ist, dass es Gott gibt, der hält Gott mit Recht für den, der allen anderen Mächten und erst recht uns Menschen in allem weit überlegen ist, überlegen an Macht, überlegen an Lebenskraft, überlegen an Gutem und überlegen an allem, was man noch aufzählen könnte.

Von diesem Gott sind wir Menschen himmelweit entfernt.

Wir können diese große Distanz von uns aus nicht überwinden.

Gewiss, Gott wollte schon immer eine harmonische Beziehung mit den Menschen haben.

Aber sie wurde von uns Menschen zerstört.

Eine Ehe hat keinen Bestand, wenn der Mann oder die Frau ständig fremdgeht.

Vielleicht wird an ihr noch nach außen um der Kinder willen festgehalten, aber es ist nur noch äußerlich eine Ehe.

Weil wir Menschen immer und immer wieder uns nicht so verhalten, wie es der Beziehung zu Gott entspricht, weil wir fremdgehen und uns anderes wichtiger als Gott ist, haben Menschen bestenfalls noch eine äußerliche Beziehung zu Gott.

Sie entspricht aber nicht dem harmonischen Verhältnis, das Gott mit den Menschen eingehen wollte.

Wir haben gegenüber Gott eine Mauer errichtet, die noch viel weniger durchlässig ist, als es die Berliner Mauer war.

Mit diesem Zustand hat sich Gott nicht abgefunden.

Er hat diese Mauer durchbrochen und kam in Jesus zu uns Menschen.

Das genügte freilich nicht, um das Verhältnis der Menschen zu Gott in Ordnung zu bringen.

Was hätten denn Menschen davon gehabt, wenn Gott durch Jesus einige Jahrzehnte auf der Erde gelebt hätte?

Das allein bringt Gott und Mensch noch nicht zusammen.

Für uns, die wir etwa 2000 Jahre nach Jesus leben, wäre das erst recht nur ein Ereignis einer sehr, sehr fernen Vergangenheit, das für uns ohne Bedeutung ist.

Aber mit der Geburt Jesu begann sein irdischer Lebensweg, der am Kreuz endete.

„Christ ist erschienen, uns zu versühnen“ singen wir gleich im Lied „O du fröhliche“.

Mit dem Kreuz Jesu hat Gott unsere Schuld, die uns von ihm trennt, auf sich genommen, damit wir in einer guten Beziehung mit Gott leben können.

Sie haben wohl schon in vielen Predigten an Weihnachten gehört: Über der Krippe Jesu steht bereits das Kreuz.

Das sollten wir immer im Auge behalten, wenn wir an die Geburt Jesu denken: Krippe und Kreuz gehören zusammen.

Bei Krippe und Kreuz geht es eben darum, dass Gott uns Menschen durch Jesus eine gute Beziehung zu sich ermöglicht hat.

Kein Mensch kann diese Beziehung von sich aus herstellen, auch wenn er sich redlich darum bemüht.

Wenn Menschen von sich aus ihr Verhältnis zu Gott in Ordnung bringen könnten, wäre Gott nicht in Jesus Mensch geworden und Jesus hätte nicht am Kreuz sterben müssen.

Deshalb heißt es in dem Bibelabschnitt: In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. In Christus finden wir die Antwort auf die Fragen: „Was macht unser Leben letztlich sinnvoll und was lässt es gelingen?"

In ihm gewinnen wir außerdem die richtige Erkenntnis von Gott, durch die wir nun wissen, wie es Gott mit uns meint und was er für uns getan hat und tut.

Wenn Gott in dem Jesuskind zur Welt kam und wenn er Jesus für uns am Kreuz sterben ließ, dann liebt uns Gott sehr und er hat seine Beziehung zu uns auch dann nicht aufgekündigt, wenn wir in unserem Leben schwere Wege gehen müssen.

Die Schätze der Weisheit und der Erkenntnis sind freilich in Christus verborgen, denn dass in dem Menschen Jesus die ganze Fülle der Gottheit wohnte, wurde und wird von den Anhängern nichtchristlicher Religionen und Weltanschauungen zu allen Zeiten heftig bestritten.

Sie sind der Auffassung: Gott kann man sich nur vorstellen als groß und mächtig, als vollkommen und gut und als unsterblich.

Wie kann dann der große Gott als menschliches Baby in die Welt kommen und das auch noch in ärmlichen Verhältnissen?

Wie kann ein Christus, in dem die ganze Fülle der Gottheit wohnt, am Kreuz sterben und die Schuld der Menschen auf sich nehmen?

Das widerspricht doch allem, was man sich von Gott vorstellen und über ihn denken kann. Manche sagen:

Jesus mag ein bedeutender Mann gewesen sein, aber die ganze Fülle der Gottheit kann in keinem Menschen wohnen.

Ihr Christen sagt doch selbst, dass Jesus ein Mensch war.

So wird immer wieder bestritten, dass in Jesus Gott in die Welt kam.

Deshalb werden schon in unserem Bibelabschnitt die Christen in der Stadt Kolossä ermahnt: Sehet zu, dass euch niemand einfange durch Philosophie und leeren Trug, gegründet auf die Lehre von Menschen und auf die Mächte der Welt und nicht auf Christus.

Mit Philosophie sind hier nichtchristliche Religionen gemeint und wir müssen dazu heute auch jene nichtchristlichen Weltanschauungen rechnen, für die es Gott nicht gibt.

Sie sind für viele Menschen überzeugender als der Glaube an Jesus, weil dieser Glaube in der Tat dem widerspricht, was man sich von Gott vorstellen und über Gott denken kann.

Es entspricht tatsächlich nicht der Vorstellung von dem übermächtigen Gott, dass er in Jesus als hilfloses Baby zur Welt kam, es entspricht nicht der Vorstellung von dem gerechten Gott, der jedem gibt, was er verdient, dass Gott uns durch den Tod Jesu am Kreuz mit sich versöhnte, weil er hier selbst unsere Schuld auf sich nahm.

Mit dem Kind in der Krippe und dem Mann am Kreuz hat Gott alle Gedanken und Vorstellungen korrigiert, die sich Menschen über ihn machen.

Deshalb liegen in Christus verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis für die Fragen nach Gott und nach dem Sinn unseres Lebens.

Um auf sie Antworten zu finden, können wir immer wieder nur bedenken, was Gott für uns getan hat, als er mit Jesus in diese Welt kam.

Weil in Christus die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt, endete das Leben Jesu nicht mit dem Tod.

Nachdem er am Kreuz gestorben war, ist er auferstanden und lebt in der Herrlichkeit Gottes.

An dieser Fülle haben wir nach unserem Bibelabschnitt teil in ihm, also durch den Glauben an Jesus.

Deshalb wird auch für uns mit dem Tod nicht alles aus sein.

Ich lese immer wieder in Todesanzeigen: „Müh' und Arbeit war sein Leben, Ruhe hat ihm Gott gegeben."

Aber besteht der Sinn unseres Lebens wirklich in Mühe und Arbeit?

Das wäre äußerst bitter.

Deshalb wollen Viele ihr Leben möglichst in vollen Zügen genießen, bevor sie dazu nicht mehr imstande sind, weil sie krank oder alt geworden sind und sterben müssen.

Aber das bedeutet doch, dass für sie das Leben eigentlich sinnlos ist.

Deshalb muss man eben mitnehmen, was es bieten kann, solange man dazu eine Chance hat.

Das ist schade.

Gott ist ja in Jesus Mensch geworden, weil er uns durch den Glauben an Jesus ein Leben bei sich geben will, das nicht mehr vergeht.

Das macht unser Leben sinnvoll und gibt ihm seine Bedeutung, auch wenn wir in den Augen anderer Menschen nichts mehr wert sein sollten.

Wir dürfen uns in unseren Leben und in unserem Sterben geborgen wissen in der Liebe Gottes, die wir daran erkennen, dass er in Jesus Mensch geworden ist und dass Jesus am Kreuz starb.
Freilich kann es sein, dass tiefe Schatten auf unser Leben fallen.

Auch am heutigen Heiligen Abend gibt es Menschen, die schwer krank sind.

Andere sind sehr einsam und denken traurig an die Zeit zurück, als sie zusammen mit anderen Weihnachten feierten.

Trotzdem dürfen sie sich darauf verlassen, dass Gott sie liebt, denn er ist auch für sie in dem Jesuskind Mensch geworden.

Damit wird gewiss nicht alles einfach gut.

Schwere Krankheit und große Einsamkeit bleiben schwierige Situationen, die man nicht schön reden kann und darf.

Aber im Glauben an Jesus werden wir sie, wenn vielleicht auch unter Tränen, aushalten können, weil wir uns in der Liebe Gottes geborgen wissen.

Gott gibt uns viel mehr als die Liebe, den Frieden und die Geborgenheit, die uns Menschen geben können.

Er ist in Jesus Mensch geworden, damit wir durch den Glauben an Jesus an der Fülle der Gottheit teilhaben.

Amen.

Der Friede, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.