27.10.2024 - "Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist" - Predigt zu Micha 6,6-8 am 22. Sonntag nach Trinitatis (Pfarrer Stefan Fischer)
Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.
Wir hören das Predigtwort aus dem Propheten Micha, Kapitel 6, die Verse 6-8:
6 »Womit soll ich mich dem HERRN nahen, mich beugen vor dem hohen Gott?
Soll ich mich ihm mit Brandopfern nahen und mit einjährigen Kälbern?
7 Wird wohl der HERR Gefallen haben an viel tausend Widdern, an unzähligen Strömen von Öl?
Soll ich meinen Erstgeborenen für meine Übertretung geben, meines Leibes Frucht für meine Sünde?«
8 Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.
Liebe Gemeinde!
Je komplizierter ein Regelwerk ist, desto weniger Leute wird es geben, die diesem folgen können.
Als Moses wieder kam vom Berg Sinai herabkam, hatte er 10 Gebote von Gott bekommen.
Wer mit öffentlicher Verwaltung zu tun hat, der weiß: Hier fehlt noch was!
Klar: es fehlen die Verordnungen und Ausführungsbestimmungen:
Also machten die Israeliten aus 10 dann 613 Gebote.
Genauer gesagt waren es 365 Verbote und 248 Gebote.
Bei so vielen Vorschriften wird’s dem Menschen zu bunt.
Das kann sich ja keiner merken, denkt er sich, und sucht im selben Augenblick die Schlupflöcher im Paragraphendschungel.
Dieser Weg ist durchaus verständlich – ich habe nicht gesagt, dass er richtig ist!
Dieser Weg führt nämlich konsequent auf Abwege, auf Irrwege, auf undurchsichtige Pfade;
Allesamt führen sie von dem weg, was eigentlich unsere Bestimmung ist:
Im Frieden leben mit Gott und den Menschen!
Menschen sind also trickreich darin, Gott gegenüber ungehorsam zu sein.
Doch Gott weiß das und lässt sich immer was Neues einfallen:
So erwählte er sich den kleinen Hirtenjungen David und machte ihn zum großen König.
Und tatsächlich schaffte es David um das Jahr 1000 v. Chr. herum tatsächlich, die Anzahl der 613 Gebote und Verbote auf wieder auf elf zu verringern.
Ein großer Wurf, sozusagen eine alttestamentliche Justizreform auf einem Bierdeckel!
Jetzt war es fast zu einfach geworden.
Die Gründe sind vielfältig – jedenfalls schafften es die Menschen tatsächlich, sich zeitweise aus diesem überschaubaren Regelsystem auszuklinken.
Und Gott sah auch das und sandte seinen Propheten Jesaja, damit er die Menschen wieder auf den richtigen Weg brächte; als wieder auf den Weg zu Gott.
Jesaja kam mit nur noch sechs Geboten aus, aber auch das war den Menschen noch zu viel.
Nicht einprägsam genug, nicht praktikabel oder welcher Grund sich auch finden ließ – seit Adam und Eva hat der Mensch schon immer einen Grund gefunden, nicht auf Gott zu hören.
Aber weil Gott seine Menschen trotzdem liebt und nicht aufgeben wollte und will, schickte er das ganze Regelwerk nochmals in eine Revision und der Prophet Micha kam auf drei Gebote:
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich
1. Gottes Wort halten und
2. Liebe üben und
3. demütig sein vor deinem Gott. (Micha 6,8)
Zuallererst können wir getrost festhalten:
Gott ist wirklich nachsichtig mit uns!
Gott sei Dank, möchte man erleichtert sagen, denn wir Menschen sind vergesslich und bedürfen der steten Erinnerung.
Unabhängig vom Bildungsgrad und vom gesellschaftlichen Stand, vergessen wir allzu oft, was Gott von uns erwartet.
Aber trotz unserer Vergesslichkeit hat Gott Geduld mit uns.
Gott hat Geduld mit seinen eigensüchtigen Menschen;
Geduld mit uns, die wir alles Mögliche hören, aber uns nach Möglichkeit nur von uns selber etwas sagen lassen wollen.
Michas Worte sind darum wirklich eine nette Geste;
noch dazu passt seine Zusammenfassung, diese drei Regeln, Gottes Wort halten, Liebe üben, und demütig sein, nun wirklich auf jeden gelben Post-it-Zettel.
Wirklich: Gott hat es nicht leicht mit uns Menschen, dabei könnte es alles so schön und auch so einfach sein.
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.
Es wäre wahrlich und wirklich eine schöne, eine neue Welt, wenn wir uns als Menschheit wieder auf Gottes Ordnungen besinnen würden;
wenn wir aufhören würden, das Unrecht und die Ungerechtigkeit zu verteidigen.
Wenn wir einsehen würden, dass wir als Menschheit gar nicht fähig sind, mit eigenen Mitteln eine bessere Welt zu schaffen.
Das ist eine übermenschliche Aufgabe.
Nur ein Wesen mit übermenschlichen Fähigkeiten kann das.
Warum also schließen wir im privaten und im großen öffentlichen Bereich nur so konsequent Gott und seinen Gebote aus?
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.
Um die 2700 Jahre sind diese Worte alt.
Was hat sich geändert?
Immer noch gibt es Bestechlichkeit, Ausbeutung, soziale Ungerechtigkeit und Machtmissbrauch.
Die Art und Weise, wie wir mit unseren Mitmenschen, mit unserer Umwelt, ja mit der ganzen Schöpfung umgehen, schreit zum Himmel.
Wo bleiben heute die Propheten, die im Namen Gottes das Unrecht beim Namen nennen?
Und wo bleibt Gott, der uns zeigt, woran wir sind und uns sagt, wie es weitergehen kann?
Wo bleiben Gerechtigkeit und Heil?
Wo herrscht der Friede, den er verheißen hat?
Vielleicht brauchen wir die Propheten heute aber heute auch nicht mehr.
Wir haben Wissenschaftler, Organisationen und Medien, die uns aufzeigen, was falsch läuft in unserer Welt.
Die Frage ist nur, wie wir darauf reagieren.
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert.
Vielleicht gibt es auch keine Propheten mehr, weil schon längst alles gesagt ist.
Wir können es wissen, wenn wir unsere Augen und Ohren aufmachen, ‚
wenn wir unsere Herzen für Gottes Wort öffnen und auf unser Gewissen hören.
Immer wieder hat Gott sich in der Geschichte zu erkennen gegeben und uns daran erinnert, was er für uns getan hat.
Wir er sein Volk und jeden einzelnen von uns durchs Leben geführt und mit seinem Segen begleitet hat.
Dass sich nichts geändert hat in dieser Welt seit Michas Zeiten, liegt nicht an Gott, sondern an uns Menschen.
Damals meinten sie, ein paar Opfer und dann ist wieder alles palletti.
Dann wäre die Schuldigkeit getan und Gott zufriedengestellt.
„Was habe ich dir getan, mein Volk?“, hat Gott gefragt.
Das Volk aber dreht die Frage um:
„Was willst du noch alles von uns?
Soll ich etwa Tausende von Schafböcken und Ströme von Olivenöl zu deinem Altar bringen?
Soll ich gar meinen erstgeborenen Sohn opfern, damit du mir meine Schuld vergibst?“
Diese Fragerei ist doch billig oder?
Aber so denken wir Menschen.
Wir rechnen alles auf und rechnen dem Anderen alles vor.
Selbst unsere Gefühle.
Und dann rechnen wir miteinander ab – auch mit Gott.
Gott fragt uns:
Was bist du bereit, wirklich für mich zu opfern?
Wisst ihr: Viele fragen heute nicht mehr nach Gottes Weisungen und Geboten.
Aber sie sind bereit, viel auf sich zu nehmen, um zumindest vor anderen Anerkennung zu finden.
Bei Jugendlichen sind es die richtigen Markenklamotten oder Handys.
Bei uns Erwachsenen diverse Statussymbole, die darauf abzielen bewundert zu werden.
Wohlhabende ziehen vielleicht sogar ihre Spendierhosen an, weil es schick ist, auf Wohltätigkeitsveranstaltungen seine Großzügigkeit zu zeigen.
Und letztendlich der Körperkult und der Schönheitswahn.
Weil es eben das Selbstbewusstsein stärkt, wenn sich Menschen nach ihnen umdrehen.
Liebe Gemeinde,
dahinter stehen wichtige und notwendige Fragen:
Wie leben wir richtig?
Wie werden wir – uns selbst, anderen und unserer Umwelt gerecht?
Was bleibt, wenn ich gehe?
Und für fromme Menschen:
Wann ist Gott zufrieden mit der Art und Weise, wie wir leben?
Das sind schwierige Fragen.
Weil es uns einfach nicht gelingt, immer allen gerecht zu werden.
Weil wir immer wieder Schuld auf uns laden.
Ob es uns nun bewusst ist oder nicht.
Wir kommen da gar nicht heraus.
Wir sind verstrickt in große Zusammenhänge und werden automatisch mit schuldig an der Ausbeutung der Natur und an der Zerstörung der Umwelt.
Und wir sind zumindest immer in der Versuchung um uns zu schlagen, zu lügen und zu betrügen, weil es ja schließlich viele so machen.
Auch wenn Gott heute keine Propheten wie Micha oder Jesaja ausschickt – er sieht dennoch, wie es um uns und in uns aussieht.
Und er stellt auch uns die Frage: „Was habe ich dir getan, dass du nicht auf mich hören willst?“
Machen wir nicht den gleichen Fehler, wie das Volk Gottes damals?
Verweisen wir nicht auf die Opfer, die wir bringen.
Das ist es nicht, was Gott von uns erwartet!
Daran ist schon Martin Luther gescheitert.
Durch seine Opfer, die er als Mönch erbracht hat, hat er keinen gnädigen Gott gefunden.
Aber aufatmen konnte er, als er erkannt hat, was Gott alles für ihn getan hat!
So auch wir:
Gott will die Schuld meines Lebens wieder gutzumachen.
Die Schuld, die darin besteht, dass ich nicht auf Gott hören will.
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.
Jesus hat alles in zwei Geboten zusammen gefasst:
Liebe Gott von ganzem Herzen und deinen Nächsten wie dich selbst.
Mehr fordert Gott nicht von uns, als dass wir uns an das halten, was vor Gott recht ist: ‚
dass wir liebevoll und barmherzig miteinander umgehen und demütig vor Gott unser Leben führen, uns also nicht größer machen, als wir sind!
Hören wir auf Gott und sein Wort, dann werden wir wissen, was wir zu tun und zu lassen haben..
Wir können vielleicht nicht die ganze Welt auf einmal verändern, aber wir können viele kleine Schritte tun, die uns selbst verändern.
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.