24.11.2024 - "Verantwortlich leben" - Predigt zu Lukas 12,42-48 am Letzten Sonntag des Kirchenjahres (Pfr. Stefan Fischer)
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus.
Wir hören das Predigtwort aus dem Lukasevangelium im 12. Kapitel:
Jesus sprach zu seinen Jüngern: Wer ist der treue und kluge Verwalter, den der Herr über seine Leute setzt, damit er ihnen er zur rechten Zeit gibt, was ihnen zusteht?
Selig ist der Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, das tun sieht.
Wahrlich, ich sage euch: Er wird ihn über alle seine Güter setzen.
Wenn aber jener Knecht in seinem Herzen sagt: Mein Herr kommt noch lange nicht, und fängt an, die Knechte und Mägde zu schlagen, auch zu essen und zu trinken und sich vollzusaufen,
dann wird der Herr dieses Knechtes kommen an einem Tage, an dem er’s nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt, […] und wird ihm sein Teil geben bei den Ungläubigen.
Der Knecht, der den Willen seines Herrn kennt, hat aber nichts vorbereitet noch nach seinem Willen getan, der wird viel Schläge erleiden müssen. […].
Denn wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern.
Liebe Gemeinde!
Viele unter uns haben in diesem Jahr einen lieben Menschen verloren: als Angehörigen, Freund, Kollegen oder Nachbarn.
Die Wunden, die der Tod dabei geschlagen hat, sind noch nicht verheilt.
Oder es sind alte Wunden wieder aufgebrochen.
Die Begegnung mit dem Tod schmerzt!
Die Trauer tut weh und kostet viel Kraft!
Wir kommen ins Nachdenken über die Verstorbenen, unsere Beziehungen, über uns selbst.
Wenn wir trauern, drängen sich oft Fragen in unser Bewusstsein, beschäftigen uns Tag und Nacht, lassen uns nicht zur Ruhe kommen:
Warum?
Warum muss jeder Mensch, warum muss jedes Lebewesen sterben?
Wo ist mein Verstorbener jetzt?
Was wird aus mir werden?
Wohin werde ich einmal gehen?
Unser Leben ist immer in Bewegung!
Das ist eine wichtige Erkenntnis, die mir dabei wichtig geworden ist.
Solange wir leben, gibt es keinen Stillstand.
Es gibt Höhen und Tiefen, Fortschritte und Rückschläge! Bis zum letzten Atemzug schlägt unser Herz!
Wir sind wir immer in Bewegung;
Wir sind immer unterwegs!
Im Angesicht des Todes werden wir deutlich und manchmal auch unbarmherzig gefragt:
Wohin geht Deine Reise?
Hat Dein Leben ein Ziel, oder schwimmst Du nur so mit auf dem Strom der Zeit – orientierungslos, führungslos?
Unser Leben soll ein Ziel haben; kein Ende im Sinn von „aus und vorbei, das war’s, alles vergessen“.
Sondern ein Ziel das Erfüllung ist; ein Ziel, hinter dem es weitergeht, ja wo es erst so richtig los geht mit dem Leben, weil der Tod bis in alle Ewigkeit seine Macht verloren hat.
Wer ziellos lebt, lebt am Ziel vorbei!
Bitten wir Gott darum: "HERR, lehre mich doch, dass es ein Ende mit mir haben muss und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss."
Unser Predigtwort zeigt uns sehr deutlich mit allen Folgen, was geschieht, wenn wir das Ziel aus den Augen verlieren.
Der Verwalter im Gleichnis nutzt die Abwesenheit seines Herrn, um endlich einmal das tun zu können, was sonst nicht möglich wäre: das Leben in vollen Zügen genießen, saufen, die Angestellten mal so richtig springen lassen.
Dieser Verwalter hat das Ziel aus den Augen verloren: Nämlich, dass der Herr einmal zurückkommt und Rechenschaft verlangt für das, was aufgetragen war.
Oder anders herum gesagt: Hätte der Verwalter das Ziel nicht aus den Augen verloren, dann hätte er gewusst, welche große Verantwortung er trägt.
Die Verantwortung besteht darin, dass ihm Menschen und Güter anvertraut sind; für sie soll er im Sinne seines Herrn gerecht sorgen.
Jesus hat dieses Gleichnis erzählt, damit wir es hören und auf unser Leben übertragen.
Auch uns ist das Ziel unseres Lebens verheißen.
Und wir sollen uns täglich daran erinnern und danach leben.
Nicht aus Angst vor unserem Herrn, sondern aus der Freude heraus, dass er uns liebt und wertschätzt, dass er uns als Verwalterinnen und Verwalter seines Reichtums auserwählt hat; dass er uns seine Schöpfung anvertraut hat.
Seit der Himmelfahrt unseres Herrn warten wir auf sein Kommen.
Bis dahin ist es uns anvertraut, sein Reich, im Geiste Gottes als Schwestern und Brüder zu verwalten:
Fürsorglich sein, Verantwortung tragen – das erkenne ich aus dem Blick nach vorne:
„Lebe so, als müsstest du morgen sterben; arbeite so, als hättest du eine Ewigkeit zu leben!"
Das sind die Voraussetzungen, um bereit für die letzte Stunde zu sein, der Stunde, in welcher wir ja auch Gott begegnen.
Wir begegnen Gott!
Das ist das Ziel unseres Lebens!
Dabei kommt es nicht darauf an, ob wir selbst noch erleben, dass Gott eines Tages zu uns kommt, oder er uns durch unseren Tod zu sich rufen wird.
Wir werden einander begegnen – „eines unerwarteten Tages zur unbekannten Stunde.“
Dann werden wir darüber Rechenschaft ablegen müssen, wie wir unsere Verantwortung wahrgenommen haben.
Jeder von uns hat seine eigene Verantwortung zu tragen – der eine mehr der andere weniger, aber sie ist da.
Wie oft ist die Rede von irgendwelchen herausragenden Personen: Manager, Politiker, Direktoren, Chefärzte usw. Dabei übersieht man das Eine sehr leicht: Jeder Mensch steht selbst in einer verantwortlichen Position steht.
Die Schüler lernen es von Schuljahr zu Schuljahr, dass sie immer mehr Verantwortung für sich selbst haben und tragen müssen.
Im Beruf hat jeder sein eigenes Aufgabengebiet.
Ob es der Manager oder der Fließbandarbeiter ist:
beide tragen ihre eigene Verantwortung.
Wir haben Familie!
Bei der kirchlichen Hochzeit wird uns gesagt, dass uns der Ehepartner von Gott anvertraut ist.
Und anvertraut sind uns die Kinder!
Anvertraut sind uns die altgewordenen Eltern!
Von Gott ist uns jeder kranke und schwache Mitmensch in der Nachbarschaft anvertraut.
Wir haben Verantwortung im Straßenverkehr!
Der verunglückte Mensch am Straßenrand ist uns im gleichen Moment von Gott anvertraut, wenn wir an die Unglücksstelle kommen.
Natürlich gibt es bei all diesen Beispielen ein unterschiedliches Maß an Verantwortung.
Doch, wenn auch dieses Maß scheinbar verschieden groß ist; die Die Verantwortung will immer ganz und gar getragen werden.
Gott hat uns so viel anvertraut.
Wir dürfen uns von Herzen daran freuen.
Doch ist jede Gabe zugleich eine Aufgabe.
Jeder von uns hat seine Stärken und seine Schwächen.
Bei den Schwächen dürfen wir hoffen, dass uns geholfen wird.
Unsere Stärken sollen wir einsetzen – mit Augenmaß und nicht nur zum eigenen Vorteil.
Gott hat uns allen die Gabe der Liebe gegeben.
Mit der Liebe erkennen wir überhaupt erst, wo wir mit unseren Fähigkeiten gebraucht werden;
wie wir unsere Zeit – unsere Lebenszeit – sinnvoll einsetzen.
Wir sind selbst dafür verantwortlich, wie wir unsere Zeit ausfüllen.
Eine der wichtigsten Wortschöpfungen der letzten beiden Jahrhunderte ist die „Freizeit“.
Es existiert ja eine ganze Freizeitindustrie, damit sich die Leute bloß nicht langweilen.
Gott hat uns die Zeit gegeben, damit wir sie gut nutzen.
Der unvernünftige und dumme Mensch – wie der in unseren Predigtwort - vertut seine Zeit.
Er lebt auf Kosten anderer.
Er fügt ihnen sogar Schaden zu.
Er lebt nur zu seinem eigenen Vergnügen.
So beschreibt Jesus den negativen Typen des Menschen, der keine Verantwortung kennt: weder Verantwortung für sich selbst noch Verantwortung für andere.
Der positive Typ hingegen ist treu und zuverlässig.
Er nimmt seine Verantwortung für die ihm anvertrauten Menschen wahr.
Er weiß auch, wenn seine Kräfte erschöpft sind und er sinnvolle Freizeit braucht.
Es wäre vermessen, wenn jemand meint, immer treu, immer zuverlässig und immer verantwortungsbewusst gedacht, geredet und gehandelt zu haben.
Wahrscheinlich sind immer beide Typen in uns vertreten. Manche Dinge haben wir recht gut gemacht; in manchen Dingen haben wir versagt.
Und da ist es wichtig, sich immer wieder neu zu besinnen, Rechenschaft abzulegen und neu anzufangen, wenn’s sein muss.
Memento mori! „Bedenke, dass du sterben wirst!"
Denken wir daran, dass wir nicht unendlich viel Zeit haben.
Denken wir daran, dass wir einmal vor Gott Rechenschaft ablegen müssen.
Bewahren wir uns den Blick nach vorne, auf die Konsequenzen meines Lebens.
Haben wir Mut zur Verantwortung und wissen dabei: Gott wird mit tragen helfen; er ist gütig und gnädig.
Legen wir unsere Vergangenheit und unsere Zukunft in Gottes Hand.
Beten wir um Gottes Begleitung, seinen Segen, seinen Geist.
Beten und arbeiten wir – auch in dem Wissen, dass uns nicht alles Gelingen wird.
Beten und arbeiten, arbeiten und beten.
Das verbindet uns untrennbar mit der Quelle des Lebens.
Wir werden unsere Verantwortung erkennen.
Gott wird uns leiten.
Doch das Schönste und Wertvollste, was wir im Gebet erfahren, ist: Gott liebt uns und schaut uns gnädig an.
Er ist da, wenn wir schwach sind und Hilfe brauchen.
Er tröstet uns, wenn wir traurig sind.
Lasst uns beten mit Worten aus dem 103. Psalm:
Barmherzig und gnädig ist der HERR, geduldig und von großer Güte.
Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HERR über die, die ihn fürchten.
Denn er weiß, was für ein Gebilde wir sind; er gedenkt daran, dass wir Staub sind.
Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Felde;
wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da, und ihre Stätte kennt sie nicht mehr.
Die Gnade aber des HERRN währt von Ewigkeit zu Ewigkeit über denen, die ihn fürchten, bei denen, die seinen Bund halten und gedenken an seine Gebote, dass sie danach tun. Amen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.