06.01.2025 - "Drei Gaben für den König" Predigt zu Matthäus 2,1-12 an Epiphanias (Pfarrer Stefan Fischer)
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus.
Wir hören das Predigtwort aus dem Matthäusevangelium im 1. Kapitel:
Als Jesus geboren war in Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen:
Wo ist der neugeborene König der Juden?
Wir haben einen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten.
Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem,
und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der Christus geboren werden sollte.
Und sie sagten ihm: In Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den Propheten (Micha 5,1):
„Und du, Bethlehem im jüdischen Lande, bist keineswegs die kleinste unter den Städten in Juda; denn aus dir wird kommen der Fürst, der mein Volk Israel weiden soll.“
Da rief Herodes die Wesen heimlich zu sich und erkundete genau von ihnen, wann der Stern erschienen wäre,
und schickte sie nach Bethlehem und sprach: Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr’s findet, so sagt mir’s wieder, dass auch ich komme und es anbete.
Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin.
Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war.
Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut
und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe.
Und Gott befahl ihnen im Traum, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren; und sie zogen auf einem andern Weg wieder in ihr Land.
Liebe Gemeinde,
wo sind eigentlich die Geschenke geblieben?
Man hat nie wieder etwas von ihnen gehört!
Haben Maria und Josef die kostbaren Geschenke an einem sicheren Ort verwahrt, bis Jesus volljährig und verfügungsberechtigt gewesen wäre?
Oder haben sie die Geschenke vielleicht gleich verkauft?
Das Geld hätte die Familie gut gebrauchen können, arm wie sie waren!
Die Antwort auf solche Fragen ist schlicht: „Wir wissen es nicht!“
Die Bibel zeigt daran kein Interesse.
Bei diesen Geschenken kommt es offenbar weniger auf den Materialwert als vielmehr auf den Symbolwert an.
Und Gold, Weihrauch und Myrrhe sagen etwas über die Schenkenden aus.
Was sind das für Leute, die die Lutherbibel bis heute „Weise" nennt, die katholische Einheitsübersetzung und die Gute-Nachricht-Übersetzung „Sterndeuter"?
Und sie werden in der katholischen Volksfrömmigkeit auch „Die Heiligen drei Könige" genannt.
Das muss ich kurz korrigieren
Interessant dabei ist, dass die Bibel in diesem Zusammenhang die Zahl „drei" gar nicht erwähnt.
Wahrscheinlich ist die „Drei" von den ausdrücklich genannten drei Geschenken entliehen; ein Geschenk pro Besucher – das macht ja auch irgendwie Sinn.
„Könige“ waren sie schon gar nicht.
Das Wort für die Besucher lautet im griechischen Originaltext lautet „magoi“.
Von Magoi her kommt das Wort „Magier“.
Heute verstehen wir darunter Zauberkünstler.
In der Antike waren Magoi Angehörige einer persisch-babylonischen Zunft.
Magoi war die Berufsbezeichnung für Priester, Philosophen, Ärzte und Gelehrte.
Sie befassten sich außerdem mit der Sternenkunde.
Aus dem Lauf der Sterne wurde versucht, geschichtliche Ereignisse herauszulesen.
Klammer auf: Manche glauben das ja sogar heute noch, gerade was ihr persönliches Schicksal angeht!
Ich persönlich halte mich da an eine Aussage eines Professors für Astrophysik, der einmal gesagt hat: „Die Sterne lügen nicht - sie schweigen."
Oder Martin Luthers: „Sternenglaube ist Aberglaube, denn er ist gegen das erste Gebot." Klammer zu.
In der Antike stehen diese „Magier" in hohem Ansehen.
Zu ihren Aufgaben gehört es, den jeweils neuen König zu bestimmen.
Sie waren also von Berufs wegen „Königsmacher".
Diese Weisen machen sich also auf eine weite und sehr gefährliche Reise, weil sie am Himmel einen Königsstern entdeckt haben.
Es gibt mittlerweile übrigens astronomische Berechnungen, die wahrscheinlich machen, dass es im Jahr 6 v. Chr. tatsächlich so eine imposante Himmelserscheinung gegeben hat;
Es war allerdings kein Stern.
Die beiden größten Planeten unseres Sonnensystems, Jupiter und Saturn, standen am Himmel so nahe beieinander, dass sie wie ein einziger heller Stern gewirkt haben.
Das könnte der Königsstern gewesen sein.
Jedenfalls machen sich hier weise Leute auf einen weiten Weg, von dem sie nicht wissen, wo er enden wird.;
sie vertrauen allein auf das Himmelszeichen.
Zunächst landen sie im Palast des Königs Herodes des Großen.
Denn wo sonst als in einem Palast müsste der neue König zu finden sein!
Was die Weisen offenbar nicht wissen:
Herodes ist überhaupt kein Jude, sondern Edomiter,
Er ist König von der Römer Gnaden, die die eigentlichen Herrscher im Lande sind.
Herodes
Weil Herodes ständig um seine Macht fürchtet, lässt er jeden umbringen, der nur im Verdacht steht, an seinem Thron zu kratzen.
Als er von den Weisen erfährt, dass ein neugeborener König in Bethlehem geboren sei, gibt er eiskalt den Befehl, dort alle neugeborenen Kinder zu ermorden.
Herodes war übrigens nicht der erste, und er ist auch bis heute nicht der letzte Despot, der sich auf diese Weise seiner Feinde entledigt.
Zurück zu unserem Bibelkrimi.
Die Weisen sind also noch nicht am Ziel; Sie müssen noch nach Bethlehem.
Aber warum nur?
Ich hätte verstanden, wenn sich die Weisen an dieser Stelle aus dem Staub gemacht hätten um ihre eigene Haut zu retten.
Etwas Anderes hat sie getrieben, oder besser gesagt „gezogen“.
Leonardo da Vinci, das große Universalgenie, hat das treffen so ausgedrückt: „Binde deinen Karren an einen Stern".
Leonardo meinte damit, lass dich von einer Kraft ziehen, die nicht von dieser Welt ist.
Das haben die Magoi, diese weisen Männer, getan:
- Sie machen sich auf eine tausende Kilometer lange Reise durch die heiße, trockene, lebensfeindliche Wüste, um einen Säugling zu finden.
Binde deinen Karren an einen Stern!
- Sie suchen den „neugeborenen König der Juden", der sie als Angehörige einer wissenschaftlichen, politischen, geistigen Hochkultur weit weg von Israel eigentlich wenig kümmern müsste.
Binde deinen Karren an einen Stern!
- Sie beugen die Knie vor dem Kind und beten es an.
Binde deinen Karren an einen Stern!
- Sie werden zu direkten Ansprechpartnern Gottes, hören seine Weisungen und - folgen ihnen.
Binde deinen Karren an einen Stern!
Das alles zusammen lässt nur einen Schluss zu: Diese Magier aus dem Osten, im Sprachgebrauch der Juden und der Bibel „Heiden", also Ungläubige, erkennen zuerst die wahre Bedeutung des Jesuskindes an.
Sie sind die Königsmacher!
Sie beten das Kind an und proklamieren es damit zum Retter der Welt.
Diese Geschichte erzählt uns damit auch, wie die frohe Botschaft von der Ankunft Gottes in unserer Welt von Anfang an zu einer weltweiten Angelegenheit wird.
Die Magier tragen diese Botschaft zurück in ihre Heimat – über die Grenzen des Römischen Reiches hinaus.
Die „Globalisierung" des Evangeliums beginnt mit den Weisen aus dem Morgenland.
Damit hören wir hier einen Widerhall der Engelsbotschaft aus der Weihnachtsgeschichte des Lukas: „Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird..."
Ach ja – die Geschenke!
Das gehört sich freilich, dass man einem neuen König mit kostbaren Geschenken huldigt:
Gold, das Metall der Könige, aus dem ihre Kronen geschmiedet werden, für das Kind im kleinen und armen Bethlehem!
Nicht Herodes und den anderen Potentaten dieser Welt gebührt es, sie gehen leer aus.
Gott manifestiert sich nicht auf Fürstenthronen und in Marmorpalästen, nicht in Festungen und nicht einmal in gewaltigen Kathedralen, sondern in einem Menschen, in einem kleinen Kind, in Armut geboren - eine Tatsache, mit dem wir uns auch heutzutage immer noch schwer tun.
Viele sähen ja auch heute noch am liebsten Gott machtvoll erscheinen, an der Spitze der himmlischen Heerscharen, wie er das Böse vernichtet und die Sünde auslöscht, der Gewalt ein Ende setzt und das Böse zur Hölle schickt.
So aber nicht Gott.
Gottes Macht zeigt sich in der Niedrigkeit, in der Schwachheit.
Gott widerspricht unseren Allmachtsphantasien und Machtgelüsten konsequent bis zum blutigen und bitteren Ende am Kreuz.
Weihrauch, ein wohlriechendes Harz, das bis heute vorwiegend aus den Trockengebieten am Horn von Afrika, aus Oman und aus dem Jemen importiert wird.
Schon zu alttestamentlichen Zeiten verbrennen es Priester unter Gebeten in den Gottesdiensten.
Der duftende Rauch, der daraus quillt und zum Himmel steigt, wird so zum Symbol der Gebete, die aus den Mündern und Herzen der Menschen zum Himmel, in die Sphäre Gottes, emporsteigen.
Jesus wird damit in die Tradition der jüdischen Geschichte gestellt.
Er ist der Hohepriester, der sich selbst für die Schuld der Menschen opfert.
Im Hebräerbrief wird dieser Gedanken ausführlich entfaltet.
Myrrhe schließlich, ein Bitterkraut, das damals in der Medizin als Heilpflanze verwendet wird.
Die Weisen deuten damit auf Jesus als den Arzt, den Heiler, hin, wie auch die Weihnachtsgeschichte des Lukas ihn nennt: „Euch ist heute der Heiland geboren."
Wo sind die Geschenke geblieben, so fragte ich am Anfang.
Jetzt wissen wir, wo sie geblieben sind.
Sie verbergen sich in Jesus selbst, er ist das Geschenk Gottes für uns.
In Jesus zeigt sich Gott als der so ganz andere König, der nicht opfern lässt, sondern der sich selbst opfert;
In Jesus bringt Gott das Heil für alle Völker.
Weil nur Gott machtvoll aus die Niedrigkeit und aus Tod auferstehen kann.
Binden wir unseren Karren an den einen Stern!
Mit Jesus, dem Christus, kann 2025 für uns allen Unkenrufen zum Trotz ein gutes Jahr werden.
Amen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.