11.05.2025 - "Jubelt von innen heraus!" - Predigt am Sonntag Jubilate zu 2.Korinther 4,14-18 (Pfarrer Stefan Fischer)

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

 

Liebe Gemeinde,

noch stehen wir mitten im Osterfestkreis – den dritten Sonntag nach Ostern begehen wir heute und er ist benannt nach dem 66. Psalm: „Jubilate“ – auf Deutsch: Jauchzt und jubelt Gott zu, alle Länder der Erde!

Lobt diesen Gott, liebe Gemeinde, der euch in Christus lebendig gemacht hat.

Jauchzt zu seiner Ehre und lobsingt seinem Namen, denn er hat den Tod besiegt und uns das ewige Leben im Glauben geschenkt.

„Die Sonne geht auf: Christ ist erstanden!“ – haben wir zu Beginn des Gottesdienstes gesungen; dieser Frühling nach dem langen Winter ist wie ein Abbild dieser Osterbotschaft:

„Das Leben beginnt: Christ ist erstanden!“.
Unser Leben soll hell und licht sein, durchflutet von Gottes reiner Liebe.
Die größte Liebestat war sein Tod in Christus Jesus am Kreuz für uns, damit unsere Sünde aufgehoben würde und wir wieder freien Zugang zu ihm und seinem Wort bekommen.

Heute an Jubilate, liebe Gemeinde, sollen wir in den Jubelgesang über Gottes Liebe einstimmen, auch wenn wir vielleicht in unserem Alltagsleben gerade ganz anders empfinden mögen.

Hören wir also auf das Predigtwort für den heutigen Sonntag aus dem zweiten Brief des Paulus an die Korinther im vierten Kapitel, die Verse 16 bis 18:

Denn wir wissen, dass der, der den Herrn Jesus auferweckt hat, wird uns auch auferwecken mit Jesus und wird uns vor sich stellen samt euch.
Denn es geschieht alles um euretwillen, auf dass die Gnade durch viele wachse und so die Danksagung noch reicher werde zur Ehre Gottes.
Wir werden nicht müde; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.
Denn unsre Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit,
uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare.
Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich;
was aber unsichtbar ist, das ist ewig.

 

Liebe Gemeinde
Paulus weiß um die Spannung, die mit Ostern in unser Leben gekommen ist.

Ein neues Leben ist uns versprochen und wird uns in allerlei Symbolen vor Augen geführt:

wir haben es in der Osternacht gefeiert: den Einzug des Lichtes, das Heilige Sakrament des Abendmahls, die Erinnerung an unsere Taufe.

All das als Hinweise auf das Eigentliche, das neue Leben in Gott.

Nun aber wieder unser Alltag, in dem die Sorgen und die Nöte überhand zu nehmen scheinen.

Wie sollen wir da jubeln – wie sollen wir da jauchzen?

In der großen Politik haben mit Sorge beobachtet, wie kleine und große Machthaber wieder mit ihren Waffenpotentialen drohen; man kann wieder Begriffe wie „Kalter Krieg“ und „Wettrüsten“ lesen und hören. Die Klimakatastrophe droht daneben fast zu verblassen

In unserer Gesellschaft kämpfen wir mit Problemen wie der Integration von Flüchtlingen, dem Pflegenotstand, dem Bildungsnotstand, der Politikverdrossenheit, der Terrorgefahr, dem wieder zunehmenden Antisemitismus, der Radikalisierung an den politischen Rändern, und und und.

Ein brisantes Gemisch, dass – im Gegensatz zu früher – durch die Schnelligkeit und Unmittelbarkeit der Verbreitung in den sozialen Medien immer unkontrollierbarer wird.

 

Immer weniger scheinen wir einen sicheren Ankerplatz zu finden; ich mein‘ damit einen den Ort oder Raum, an dem wir festmachen und sagen können: hier bin ich Mensch, ich darf ich sein; hier finde ich Ruhe und vor allem Frieden; hier bin ich sicher.

 

Als Paulus seinen Brief an die Korinther schickt, den wir den zweiten nennen, standen die christlichen Gemeinden vor fundamentalen Problemen.

Die Gegenwart und die nahe Zukunft sahen alles andere als rosig aus.
Die Menschen fingen an zu fragen: wie kann all das Leiden und Sterben in unserer Welt sein, wo doch der Herr auferstanden ist und er seine Herrschaft im Himmel angetreten hat?

 

Wie soll Paulus darauf antworten?

Wie soll er die Ängste und Sorgen der Menschen ernstnehmen und gleichzeitig von der Herrlichkeit reden, die Gott uns in Christus geschenkt hat?

Wie macht man aus einem verzagten einen fröhlichen, oder sogar jubelnden Menschen?

 

Paulus unterscheidet bei seinen Erklärungen einen äußeren und einen inneren Menschen.

Diese Vorstellung war in der damaligen Zeit allgemein verbreitet.

Ich als äußerer Mensch, muss in der Welt leben und unterumständen auch viel erleiden.

Als innerer Mensch kann ich mich aber stetig weiterentwickelt, kann im Glauben, in der Liebe in der Hoffnung immer weiterwachsen – von Gott her und auf Gott hin.

Denn, so schreibt Paulus: wir Christen sehen nicht auf das, was sichtbar ist, sondern auf das, was unsichtbar ist.

 

Liebe Gemeinde,

wir dürfen das so einfach auf uns heute übertragen:

nicht der äußere Schein oder Glanz hat Geltung vor Gott.

Nicht das Äußere ist entscheidend für das, was unser Leben ausmacht.

Sei es das Positive wie das Negative.

Das Äußere zählt in der Welt, würde Paulus sagen, aber auch nur für die Welt – für die Ewigkeit hat es keinen Belang!

Und das kennen wir: wer reich ist heutzutage, wer schön ist, wer berühmt ist, wer erfolgreich ist:

der wird angesehen – zu dem blicken die Menschen empor und streben ihm nach, damit sie etwas von diesem vermeintlichen Glanz abbekommen.

 

Aber, liebe Gemeinde: das sieht Gott nicht an.

Im ersten Buch Samuel (1.Samuel 16,7) heißt es: „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an.“

Es gilt auch für das Negative, was einem Menschen widerfährt: wer verschuldet ist, wer Krankheit und Leid zu tragen hat, wer verarmt ist, wer mit dem Fortschritt nicht mithalten, hat in der Welt oft keine Chance:

Bei Gott schon.

Und das ganz am Rande, liebe Gemeinde: wie entlastend war solch eine Aussage in der Welt der Antike:

denn die antiken Götter waren auf Leistung erpicht, bekämpften sich gegenseitig mit Waffen und Intrigen und waren auf das Ansehen bei den Menschen eifersüchtig.

Nun aber kam eine Religion, die behauptete, dass auch Frauen Menschen seinen, dass man Sklaven ernst nehmen müsse, dass Standes- und Rassenunterschiede keine Rolle mehr spielen würden.

Warum?

Weil es eben auf diesen inneren Menschen ankam und nicht mehr auf das Äußere!

Wir heutigen vergessen das manchmal, dass das meiste, was wir unter Menschenrechte heute fassen durch diese christliche Ethik begründet ist.

Weil die Menschen von Gott gleich geschaffen wurden, darf es diese Unterschiede vor Gott auch nicht geben.

Deswegen sieht Jesus in den Sündern, den Kranken, den Armen, den Leidenden immer mehr als nur das Äußere, was die Gesellschaft sehen kann:

Jesus sieht den Menschen vor Gott!

 

Paulus sagt, Euer innerer Mensch ist es, der dieses Ansehen vor Gott genießt.

Der innere Mensch orientiert sich nicht an der Welt, sondern an Gott, meint Paulus.

Und deshalb sind wir mit Jesus im Herzen erst einmal frei von der Welt.

 

So wie es unsere Taufe verspricht: ein neuer Mensch soll aus der Taufe auferstehen.

Auch das ist nicht sichtbar. Bei all den Taufen, die ich schon feiern durfte, sah der Täufling nach der Taufe genauso aus, wie vor der Taufe.

Dennoch glaube ich fest: in dieser Taufe geschieht etwas mit dem Menschen, weil Gott sich an sein Wort gebunden hat und uns versprochen hat:

ich bin mit dir. Über diesen weiten Bogen, liebe Gemeinde, komme ich nun endlich zu Ostern zurück:

Ostern hat etwas mit unserem Leben zu tun, mit unserem inneren Menschen.

„Wer glaubt und getauft ist, der wird selig werden“, ist der Zuspruch am Ende unserer gemeinsamen Besinnung, die wir zu Beginn eines jeden Gottesdienstes sprechen:

es geht um unseren inneren Menschen.

Unsere äußere Trübsal wird uns gefangen nehmen in diesem Leben.

Unsere Sorgen werden uns auffressen von Zeit zu Zeit, wenn wir Dingen begegnen, die wir nicht begreifen können, Dinge die wir nicht handhaben können in unserem Leben.

Dinge, die wir aus unserer Gemeinde kennen: den frühen und sinnlosen Tod des Ehepartners, das Sterben der eigenen Kinder, während man selber noch am Leben bleiben muss, vielleicht gebrechlich und krank.

Die Depression, die einen als Krankheit so in der Gewalt hat, dass man sich selber nicht mehr sehen kann.

Der Beispiele wären noch mehr uns Sie alle kennen sie aus Ihrem eigenen Leben – nicht immer – aber doch zu manchen Zeiten schwer und drückend genug.

Aber Paulus schreibt in seinem Bild: das ist der äußere Mensch – aber das ist nicht das Wesentliche.

Das ist nicht das, woran ihr euch messen sollt.

Das ist nicht so, wie euch Gott sieht.

Man kann es deutlich ansprechen, liebe Gemeinde:

wer seine Hoffnung auf das Äußere setzt, der ist verloren, weil das Äußere nicht den idealen Zustand kennt.

Wer reich ist, will oft noch mehr Reichtum haben; wer erfolgreich ist, ist im Erfolg gefangen; wer ein Star ist, ist ängstlich darum bemüht, nicht vergessen zu werden.

Das heißt nicht, dass das alles schlechte Menschen wären oder das Reichtum als solches eine Schande wäre – nein das nicht!

Aber wer seine Hoffnung für sein Leben nur darauf setzt, der ist verloren.

Nichts, liebe Gemeinde, gar nichts von den äußerlichen Dingen werden wir mitnehmen können, wenn wir einst vor unseren Schöpfer gerufen werden.

Mag der Sarg am Ende noch so teuer, mag die Feier noch so pompös, mögen die Trauerreden noch so berauschend sein:

all das werden wir nicht mitnehmen können.

Sondern das, was wir mitnehmen – unsere Fahrkarte in die andere Welt – das ist unser innerer Mensch, das sind unser Glaube, unsere Hoffnung unsere Liebe, auf die wir unser Leben aufgebaut haben.

 

Es ist, liebe Gemeinde, etwas Unsichtbares.

Paulus, einst ein angesehener und ausgezeichneter Pharisäer, weiß, wovon er spricht:

er hat alles aufgegeben, seine äußere, vorherige Existenz, um dem zu folgen, was ihm Hoffnung im Leben gibt: Christus Jesus.

Uns, die wir auf seinen Namen getauft sind; uns, die wir durch Christi Tod am Kreuz erlöst sind, ruft er zu:

was unsichtbar ist, ist ewig – haltet euch deswegen an diesen Christus, der vom Tode auferstanden ist.

Ich habe Ihnen, liebe Gemeinde, nun noch eine kleine Geschichte mitgebracht, die vielleicht verdeutlichen kann, was Paulus meint.

Sie geht folgendermaßen: „Ein König gab seinem Hofnarren einen Stab und sagte: "Gib diesen Stab dem, der noch närrischer ist als du!" Da legte sich eines Tages der König zum Sterben nieder und klagte: "Ich gehe in ein fremdes Land und kehre nie mehr zurück." Der Narr sagte: "Da du doch gewusst hast, dass du einmal in dieses fremde Land ausreisen musst, hast du sicher alles getan, um auch in dieser neuen Heimat ein Haus zu besitzen."

Als dies der König verneinte, überreichte ihm der Narr den Stab und sagte:

"Er gehört dir. Du bist ein noch größerer Narr als ich."

Jubilate – jauchzt Gott und jubiliert, liebe Gemeinde, denn euer innerer Mensch ist vor Gott gerettet.

Tragt diese Hoffnung als Gewissheit im Herzen weiter und sie wird euch von Tag zu Tag erneuern!

 

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.