27.07.2025 - Predigt "Kirche bauen: Nicht aus Steinen, sondern aus Beinen", Predigt zu 1. Petr 2,1-6 (Pfrin. Sr. Elise Stawenow)

Ich lese den Predigttext aus dem ersten Brief des Petrus im 2. Kapitel:

1Legt also alle Bosheit ab, alle Falschheit und Heuchelei, allen Neid und alle Verleumdung! 2Verlangt wie neugeborene Kinder nach der unverfälschten, geistigen Milch, damit ihr durch sie heranwachst und Rettung erlangt! 3Denn ihr habt gekostet, wie gütig der Herr ist.
4Kommt zu ihm, dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist! 5Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen! 6Denn es heißt in der Schrift: Siehe, ich lege in Zion einen auserwählten Stein, einen kostbaren Eckstein, den ich in Ehren halte; wer an ihn glaubt, der geht nicht zugrunde. (EÜ)

Lasst uns in der Stille um den Segen Gottes beten…
Dein Wort sei unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unseren Wegen.

Liebe Gemeinde!
Vor 80 Jahren war hier auf diesem Fleck Land noch Wiese.
Und Sie, liebe Zedtwitzer haben alles dafür getan, die Kirche errichten zu können.
Sie haben sich zusammengetan. Und die Genehmigung gekämpft. Einen Kirchbauverein gegründet und unermüdlich Spenden gesammelt. Auf jede und jeden kam es an. Und dann, am 09. November 1957, konnte der Bau beginnen. Und am 20. Juli 1958 war die Einweihung.
Stein auf Stein… Da braucht es nicht nur jede Spende, sondern auch jede helfende Hand. Eine Dorfgemeinschaft, die was bewegen kann, gab es schon damals.

Stein für Stein. Davon spricht der Predigttext heute.
Wie geht es, eine Kirche zu bauen?
Die Menschen für die dieser Text geschrieben ist, hatten noch keine eigenen Kirchengebäude. Das war nicht erwünscht. Die Christusgläubigen im 1. Jh. wurden ausgegrenzt und diffamiert.

Stein für Stein.
Wie geht Kirche bauen in Zeiten, wo das überhaupt nicht angesagt ist?
„Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen!“
Sie haben einen Stein in der Hand. Da steht Ihr Name drauf.
Der Stein ist einzigartig. Mit Ecken und Kanten. Und mit seiner Festigkeit. Mit ihm – mit Ihnen – kann man bauen.
Damit eine Kirche entsteht, braucht es viele Steine. Wir heute hier können einen kleinen Anfang machen.
Das besondere an den Steinen, von denen der Petrusbrief spricht: Sie sind lebendig. Wir sind lebendig. Wir lassen uns nicht zu einem Haus zusammen bauen, das „in Stein gehauen“ ist und ewig steht. Wir sind lebendig, dynamisch, echt. Jeden von uns braucht es, damit Kirche entsteht.

Zum Bauen braucht man Land. Hier in Zedtwitz hat das Dorf das Land zur Verfügung gestellt. Einen Teil vom Schlosspark.
Worauf bauen wir Kirche mit unseren Steinen?

Jesus rät, nicht auf Sand zu bauen, denn da schwimmt alles weg, wenn mal ein Regen kommt. Jesus empfiehlt, auf Felsen zu bauen.
So sagt der Predigttext:  „Kommt zu ihm, Jesus Christus, dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist!“
Der Fels, auf dem wir mit unseren Steinen Kirche  bauen sollen, ist Jesus Christus. Er ist ein tragender, fester Grund. Und: Er ist lebendig. Er hat den Tod besiegt und lebt für immer.

Beim Bauen geschieht das Geheimnis: Jeder Stein, mit dem gemauert wird, ist fest an den anderen gerückt. Stein an Stein. Und vor allem: Stein auf Stein. Die kleinen Steine werden fest auf dem Grundstein verankert. An dem, der trägt. Der Halt gibt.
Wie eine Mutter ihr neugeborenes Kind im Arm hält, sicher, fest – an sich geschmiegt. Wie sie es nährt, stillend an der Brust, mit allem, was das Kind braucht. So eng sind Christus und seine lebendigen Steine verbunden.
2Verlangt wie neugeborene Kinder nach der unverfälschten, geistigen Milch, damit ihr durch sie heranwachst und Rettung erlangt!
Sie haben Ihren Stein in der Hand. Keiner ist gleich. Einer ist vielleicht größer. Oder kleiner. Einer hat eine spitze Kante, der andere eine stumpfe.
Vielleicht hat der Stein erlebt, dass jemand sagt: „Du genügst aber nicht.“ - „Ich bin stärker.“ „Ich bin klüger.“
Solche Sätze, die sich vielen von uns im Leben eingebrannt haben, gelten bei Jesus nicht. Denn Jesus Christus, der Fels in der Brandung, sagt: „Fürchte dich nicht. Ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ (Jes 43,1)

Taufstein. In alter Tradition wird in vielen Kirchen an einem Stein getauft. Fest steht er auf dem Boden der Kirche. Darinnen ein Becken, in dem das Wasser für die Taufe geschüttet wird.
Der Taufstein versinnbildlicht. Der Grundstein für das Leben eines Menschen ist mit der Taufe gelegt. Es ist Jesus Christus. So wie Wasser auf uns geschüttet wird, kommt das Gute von Christus zu uns. Es besteht in einem Wort: „Ja“. Ja – zu deinem Leben. Ja – zu deinen Eigenarten (rund oder kantig, schmal oder breit, kraftvoll oder behutsam).
Er sagt: „Ja, du bist erwählt, ich brauche dich als lebendigen, bunten Stein für meine Kirche.“

Nehmen Sie doch mal den Stein in die Hand. Schauen sie ihn an und sagen JA zu ihm. Da steht Ihr Name. Und die Antwort ist „JA!“
Nicht damit Sie irgendetwas tun müssen, einfach so. JA.

Das ist das, was bei der Taufe passiert. Das große Ja ist der Grundstein, der möglich macht, dass drauf aus unseren kleinen, bunten und lebendigen Steinen eine Kirche entsteht. Nicht aus Steinen, sondern aus Beinen.
Nun ist das kein Haus, sondern Menschen, die zusammenhalten.

Diese eine Sache erregt Anstoß. In der Bibel-Zeit. Heute.
Während es lange normal war, dass alle an Gott glauben und es unbedingt eine Kirche im Dorf braucht, ist es das heute nicht mehr.
Religion wird Privatsachen. Etwas für Zuhause, nicht für die Öffentlichkeit.
Kirchen werden zu Stolperfallen. Man streitet, was mit den Gebäuden passieren soll. Die Fördermittel für die Konfifahrt werden gestrichen. Wir bekommen eine Beschwerdemail, weil der Gemeindebrief im Postkasten zu finden war.
Kirche und besonders der Eck- und Grundstein wird zum Stein des Anstoßes.

Doch das ist gar nicht so schlecht. Denn wer über die Kirche stolpert, kann sie nicht nicht bemerken. Und so sind wir aufgerufen, eine lebendige, lebensfrohe Kirche zu sein. Damit nicht wenige stolpern und ins Nachdenken kommen:
Wie sieht denn die Kirche von morgen aus: „Ist es ein undurchdringbarer Bunker, eine gut verteidigte Burg? Oder ist es ein Café mitten im Ort, ein Gemeindezentrum auf dem Dorf?
Gibt es verschiedene Räume mit offenen Türen dazwischen? Ein flaches Dach, um bei Bedarf ein zweites Stockwerk aufsetzen zu können? Und Durchgänge ins Nachbarhaus?“ (Theresa Landmann, 299, Predigtmediationen im christl-jüd. Kontext)

Wenn Gegenwind kommt. Wenn wir uns neu Gedanken machen müssen, was Kirche ist, dann ist der erste Schritt: Wir machen fest: Ich sage JA zum JA Gottes. Ich sage JA – auch wenn ich mich als kläglicher Stein empfinde, möchte ich mit dabei sein bei der lebendigen Kirche. Und mich fest an Christus, dem Grundstein, binden. Ich sage JA – zur Taufe. Zu Gott. Zur Kirche. Amen.