28.09.2025 - "Oben und unten" - Predigt zu 1.Petrus 5,5c-11 am 15. Sonntag nach Trinitatis (Pfarrer Fischer)

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

 

Liebe Gemeinde,
oben sein.

Im Rampenlicht auf der großen Bühne stehen.

Vorturner, Vortänzer, Vorsänger sein.

Macht haben und ausüben.

Mitbestimmen, mitregieren, sagen wo es langgeht.

Chef sein, verantwortlich sein.

Gewinn machen und den Ton angeben.

In der Welt zuhause sein.

Superstar; Topmanager; Model; Prinzessin und König.

Gesundheit, Glück und Geld. Ruhm und Ehre. Lorbeeren und Hymnen.

Unten sein.

Sich ausgeliefert fühlen.

Zuweilen hilflos. Angewiesen sein. Keine Bühne, kein Publikum, kein Applaus.
Abgehängt. Leer oder voll – je nachdem.

Verluste auf der ganzen Linie.

Krankheit, Not und Elend. Trauer und Tränen.

Im 1. Petrusbrief, im 5. Kapitel heißt es:
Desgleichen, ihr Jüngeren, ordnet euch den Ältesten unter.

Alle aber miteinander haltet fest an der Demut; denn Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.

So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit.

Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.

Liebe Gemeinde,
oben und Unten.

Der Brief des Petrus klingt spröde und so altmodisch.

Oben und Unten.

Also doch!

Kirche ist konservativ und allen Neuerungen gegenüber in ihrer Struktur verhärtet und verschlossen.

Teilhabe und echte Mitsprache ausgeschlossen.

Oben und Unten eben!
Aber das wäre zu schnell und falsch kombiniert!

Wir können nämlich das „Oben und unten “ nicht abschaffen.
Das wird’s immer geben.

 

Doch wir müssen schon fragen:

Was ist das rechte, das echte Oben?

Ist das Oben, wie auch das Unten, wirklich gerechtfertigt?
Oder steht jemand oben, der dort eigentlich nicht hingehört?

 

Es fällt gemeinhin leichter das Oben zu akzeptieren, wenn man selbst oben ist.

Wer unten ist, begehrt leichter auf, will selbst nach oben – zumindest träumt er davon.

Zu unserer menschlichen Entwicklung gehört deshalb auch diese schwierige Zeit während der Pubertät hinzu.

Das Erwachsenwerden besteht nicht nur aus den körperlichen Veränderungen, sondern auch in der Charakterentwicklung.

Jugendliche prüfen deshalb auch die Werte ihrer Oberen, ihrer Eltern und aller anderen Erwachsenen, die prägenden Einfluss auf sie haben.

Das Oben wird manchmal radikal infrage gestellt.

Meine Eltern mussten mich ertragen.

Und ich werde meine Kinder ertragen.

Aber es lohnt sich.

Denn so lernen Kinder und Jugendliche zum einen ihre Rechte zu verteidigen und zum anderen zu erkennen, dass Rechte immer mit Pflichten verbunden sind!

 

Das wird leider häufig vergessen – leider auch bei Erwachsenen.

Ja - oben sein will jeder.

Den Rahm abschöpfen; bewundert werden; Geld im Überfluss, und und und.

 

In unseren Zeiten reicht es bisweilen, um oben zu sein aus, viele „Likes“ zu bekommen oder „Followers“ zu haben.

Es reicht auch, abstruse Ideen in die Welt zu posaunen und all dies medienwirksam und zur besten Sendezeit unter das Volk zu bringen.

Dieses Prinzip wird nicht nur in diversen Shows vertreten, sondern auch von manchen Politikern als demokratisches Prinzip vertreten.

Vielmehr und leider ist solches Vorgehen beinahe überall zu finden - und es ist weder echt noch demokratisch.

Es ist nur billiger Abklatsch dessen, was einmal seinen guten Grund in einem erteilten Auftrag hatte.

Oben war der Vater, die Mutter, der Lehrer, der Meister.

Oben sein stand nicht im Zusammenhang mit fragwürdigen Umfragewerten.

 

Oben sein entsprach vielmehr einem göttlichen Mandat.

Einer Ordnung, die die Welt geordnet hat.

Entscheidend ist an dieser Stelle nicht das gängige Bild von Oben und Unten.

Gemeint ist vielmehr das Eingebundensein in Verantwortung:

Also der vorsichtige und weitsichtige Umgang mit den anvertrauten Rechten und Pflichten.

Und danach richtet sich alles politische, alles gesellschaftliche Handeln – nicht umgekehrt.


Liebe Gemeinde!
In allem, was wir als Christenmenschen tun geht es um Redlichkeit, um Sittlichkeit.

Unser Handeln richtet sich nach Grundwerten.

Wenn wir als Kirche diese Grundwerte verlassen, verlieren wir.

Auf der ganzen Linie in jeder Hinsicht.

Denn Christsein ist keine Frage des guten Geschmacks, der besten Umfragewerte, oder der höchsten Einschaltquoten.

Wir Christen wissen um das Gute und um das Schlechte für uns und für unsere Mitmenschen und für die gesamte Schöpfung.

Für uns darf der allgemeine Grundsatz nicht gelten:

Was sich am besten verkauft ist auch das Beste.
Und wer sich am besten verkauft, hat recht.

Wir Christen dürfen zu dieser manchmal perversen medien- und geldbestimmten Welt nicht einfach Ja und Amen sagen – nur weil es bequemer ist oder weil vielleicht ein paar weniger Menschen aus der Kirche austreten.

Es geht für uns Christen nicht in erster Linie um Popularität.

Denn damit legitimieren wir dieses falsche und dekadente Oben-Unten-Spiel dieser Welt.

Es geht vielmehr um Kontinuität.

 

Es gibt ein Oben und ein Unten.

Beides ist nicht erbbar, nicht verkäuflich, nicht zu gewinnen.

Das echte Oben und das echte Unten sind ein Auftrag Gottes.

Ein Auftrag Gottes, der schon in der Schöpfung angelegt ist.

Wer oben ist liegt dabei nicht am menschlichen Schicksal.

Das bedeutet: Nicht erfundene Zahlen, unseriöse Daten und zurecht gebogene Fakten bilden die Verkündigungsplattform.
Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass heutzutage jeder glaubt, er könne zu allem etwas sagen.

Ganz egal wie komplex das Themenfeld ist.

Die Meinungsmache ist oftmals hetzerisch und gesteuert.

Je nachdem, wer die größere Lobby besitzt, ob von links oder von rechts.

Aber jeder fühlt sich ausreichend informiert und berufen zu einem Statement.

Kaum jemand noch argumentiert sachlich und präzise

Da werden Zahlen erfunden, geschönt und bewusst falsch ausgelegt.

 

Auf die Ältesten hören, so wie es der Brief fordert, fällt schwer!
Und doch liegt ein echter Segen in dem Aufruf sich den Ältesten unterzuordnen.

Das Oben und das Unten anzuerkennen.
Die Ältesten führen die Gemeinde!

Die Ältesten, das sind die Mitglieder im Kirchenvorstand, Gewählt, beauftragt und unter Gottes Segen verpflichtet - von der Gemeinde selbst.

Vertrauen ist in diesem Zusammenhang ein gutes Stichwort.
Nicht sind Kritiklosigkeit oder gar Unterordnung im Sinne eines Meinungsverbotes gefordert.

Wohl aber das Vertrauen in diese Gemeindeleitung.
Ein Missbrauch des Obenseins gegenüber dem Untensein, eine Verletzung des Auftrages in dieser Art und Weise, egal in welcher Form ist nicht zulässig.

Das sagt Dietrich Bonhoeffer.

Bonhoeffer hat erkannt, dass erfülltes gemeinsames Leben nur gelingen kann, wer von der Mitte des Lebens her lebt:
Die Mitte des Lebens, die Mitte der Geschichte ist das Kreuz Christi.

Gott selbst stellt am Kreuz das Oben-Unten dieser Welt in Frage, ja verspottet es sogar.
Denn der allmächtige Gott nimmt in den Augen dieser Welt die Loser-Stellung ein.

Aber eben nur scheinbar.

Denn die Wahrheit liegt immer tiefer.

 

Und die Wahrheit des Kreuzes lautet:
Wer gibt, der wird empfangen.

Wer sein Leben für andere hergibt, der wird das Leben gewinnen.

Wer lernt auf Gott zu vertrauen, der wird gesegnet sein.

Den Demütigen gibt Gott Gnade.


Der Volksmund weiß: „Hochmut kommt vor dem Fall“.

Das falsche Oben hat keinen Bestand.

Vielleicht ist das ein schwacher Trost, wenn wir auf unsere selbsternannten Eliten schauen und nur den Kopf schütteln können.

 

Aber es ist ja immer leichter, auf andere zu schimpfen und über andere herzuziehen.

 

Nein – lassen wir uns nicht verführen!

Im 1. Petrusbrief heißt es im Anschluss deshalb auch warnend:

Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.

Es ist so leicht, selbst so ein brüllender Löwe zu sein;
sich selbst zum Werkzeug böser und schädlicher Einflüsse und Mächte machen zu lassen.

Es ist so schwer einen brüllenden Löwen still zu kriegen.

Scher ist es, dem Löwen zu widerstehen.

Wir schaffen es – mit Gottes Hilfe.

Sein Beispiel geht uns voran.

Machen wir uns selbst nicht größer als wir sind.

Und verüben wir unseren Dienst mit aller Freude und mit aller Liebe, die uns Gott schenke.

Vor Gott ist kein Dienst zu gering und keine Pflicht zu schwer.

 

Zeigen wir als Christen dieser Welt, wie es besser geht.

Wie Menschlichkeit und Nächstenliebe die Menschen zum Guten verändern können.

 

Haben wir Geduld, denn es ist auch ein stiller, oft schwieriger Weg.

Doch am Ende hat nicht der recht, der schreit oder blendet.

Hochmut kommt eben doch vor dem Fall.

 

So schließe ich mit den letzten Versen unseres Predigttextes aus 1.Petrus 5:
Dem widersteht, fest im Glauben, und wisst, dass ebendieselben Leiden über eure Geschwister in der Welt gehen.
Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet,
aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.
Ihm sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

 

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.