05.10.2025 - "Fülle erfahren trotz Mangel - mit dem Ursegen leben" Predigtimpuls im Familiengottesdienst zu Erntedank (Pfrin. Sr. Elise Stawenow)

Predigtimpuls im Familiengottesdienst
zu Mk 8,1-9

Mk 8,1-9 als nacherzählte Geschichte:

Es war der dritte Tag, an dem Unmengen von Menschen Jesus zuhörten. Sie hingen Jesus an den Lippen. Den ganzen Tag lang. Ihr Herz war voll von dem Guten, das Jesus ihnen erzählte. Aber ihr Magen war leer. Sie hatten nichts zu essen.
Jesus sagt: „Das kann ich nicht mitansehen.“ Jesus spürte es selbst, tief im Bauch: Sein Erbarmen mit den Menschen, das ihn schmerzt. Jesus sagt: „Wir müssen ihnen etwas zu Essen geben, sie halten den Heimweg nicht mehr aus.
Die Freunde Jesu, die Jünger, schauen sich um: „Woher sollen wir Brot nehmen für so viel tausend Menschen? Wir haben nur noch 7 Brote. Und einige Fische.“
Zur Verwunderung der Jünger, nimmt Jesus die Brote, dankt Gott dafür , bricht sie und gibt sie den Jüngern, damit sie sie verteilen. So macht er es auch mit den Fischen. Er spricht den Segen und lässt sie austeilen.
Und die Menschen essen. Und werden satt. Am Ende sammeln sie die Reste ein. Es sind 7 Körbe voll. Es hat für alle gereicht.
Soweit die Geschichte von Jesus.

Liebe Gemeinde,
Jesus hat mit einer echten Notsituation zu tun.
So viele Menschen. Und es ist kein Essen da. Die 7 Brote und die Fische, die reichen ja grad mal für ihn und seine Jünger!
Ich stelle mir vor, wie er die Jünger bittet, die Brote zu bringen: „Was, das brauchen wir doch selbst?“ Sagen sie vielleicht. „Das reicht doch eh nicht, was willst du denn mit dem bisschen Brot für so viele Leute?“ Und:  „Woher kriegen wir dann neues?“,  „Sollen die sich doch selbst kümmern…“

Kennt ihr Situationen, in denen ihr vor allem seht, was ihr nicht habt?
Das ist schwer.
Da fehlt Geld – für die Klassenfahrt, für die Autoreparatur, für den Pflegeplatz.
Da fehlt Zeit – um sich auszuruhen und gesund zu werden. Um sich den Kindern zu widmen. Um den lang gehegten Wunsch zu erfüllen.
Da geht was schief – und plötzlich hab ich einen Freund weniger, ich werde auf allen Kanälen fertig gemacht und ich glaube mir selbst, dass ich überhaupt nichts (gut) kann.

Den Mangel kennen wir zumeist ganz gut.
Es gibt genug Mangel. Das ist schlimm. Und wirklich existenziell.

So geht’s auch Jesus. Die Leute haben Hunger. Das ist existentiell.

Jesus sieht nicht zuerst auf das, was er nicht hat. Jesus sieht das, was er hat. 7 Brote und einige Fische.

Jan Frerichs, ein katholischer Theologe, dessen Podcasts ich sehr gern höre, sagt in der aktuellen Folge:  

Wenn wir dem Mangel etwas entgegensetzen wollen, dann sollten wir bei uns beginnen. Nicht ein Mangelbewusstsein haben – sondern ein Füllebewusstsein einüben. Jesus sagt selbst: „Ich bin gekommen, dass sie das Leben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10). Er macht vor, wie das „Füllebewusstsein“ geht:

Jesus nimmt das, was er hat – die sieben Brote, die auf keinen Fall reichen werden – und dankt!

Er dankt Gott, dass diese sieben Brote da sind.
Im Wort danken, steckt in den biblischen Sprachen ein Geheimnis. Es heißt gleichzeitig „segnen“. Das ist wörtlich „Gutes sagen“.
Wenn Jesus das Brot segnet, sagt er: „Gut, dass diese 7 Brote jetzt da sind. Danke, dass Gott uns das Brot geschenkt hat.“

Mit dem Gutes-Sagen, dem Danken und Segnen knüpft Jesus an den Ursegen an. Denn das erste was da war, war das Gut-Sein. Über allem, was geschaffen war, sagt Gott: „Siehe, es ist sehr gut.“ Über Licht und Dunkel, Wasser und Erde, Pflanzen und Tiere. Und über dich und mich. Du bist gut. Du – Mensch.

Der Beginn der Schöpfung ist nicht die Ursünde – also ein Fehler oder ein Mangel, sondern das „Gutsein“! Du bist gut – und alles, was zu dieser Erde dazugehört auch.

Wie können wir an diesen Segen anknüpfen?
In dem wir es machen, wie Jesus: Danken und Segnen und dann: Teilen…

Jesus teilt das wenige, was da ist, großzügig aus: Und es reicht für alle.

Dazu ist Erntedank da.
Das Gute, das wir haben, bedanken: Uns auch bei den Menschen bedanken, die uns versorgen: Die Brot backen, in harter Arbeit Felder bestellen oder in einer Fabrik am Fließband arbeiten.

Hier sind Berge guter Sachen aufgetürmt. Gleichzeitig merken wir, es geht nicht so weiter, wir sind in Zeiten, in denen wir mehr und mehr auch Mangel spüren – wenn das Geld für nicht mehr so viel reicht.

Genau da brauchen wir den Ursegen: Den Blick auf das Gute, das wir haben und den Dank!

Das Bewusstsein für den Ursegen verschwindet dort, wo Macht, Status und materieller Profit ins Spiel kommen, sagt Jan Frerichs. Da, wo jemand immer mehr und noch mehr für sich haben will, da wird’s schief und Ungerechtigkeit regiert die Welt.

Heute schauen wir nicht auf den Mangel, sondern auf die Fülle – um unser Füllebewusstsein zu trainieren. Der kleinste Apfel kann besonders sein. Und von 7 Broten werden 4000 Menschen satt.

Wie geht’s:
Jesus nahm das Brot, dankte, brachs und teilte es… Amen.